Wenn Ficken olympisch wäre - Der Protest
von GhostWriter
Teil 1: Die Pressekonferenz
Teil 2: Training im Büro
Teil 3: Ein Tiger, ein Drache
Teil 4
Magdalena Feldmann, die Psychologin der deutschen Ficker Nationalmannschaft landete am Vormittag des 26. Juli 2016 auf dem Flughafen São Paulo-Guarulhos. Der Flughafen lag in Cumbica, einem Stadtteil von Guarulhos, das zur Metropolregion São Paulo gehörte, dreißig Kilometer außerhalb des Stadtzentrums. Da die Amerikaner ihr Quartier in Praia Grande, etwa einhundert Kilometer südlicher, direkt am Meer aufgeschlagen hatten, nahm Feldmann sich einen Mietwagen und fuhr die kurze Strecke mit dem Auto bis an das Hotel des USNFT, des United States National Fucking Teams. Per Handy und SMS hatte sie Teresa Beaumont ihre geschätzte Ankunftszeit durchgegeben. Am Empfang des Mannschaftshotels wusste man bereits wer sie war. Man kündigte sie bei der Co-Trainerin des Amerikanischen Nationalteams an, die an einer der Hotelbars auf sie warten würde. Ein Page wies ihr den Weg. Er hatte angeboten sie zu begleiten, doch das hatte Magdalena Feldmann dankend abgelehnt.
Mit pochendem Herzen ging sie den Weg entlang, den man ihr beschrieben hatte. Ihr Trolley ratterte auf den kleinen Kunststoffrollen hinter ihr her. Er war leicht, sie hatte nicht vor länger als eine Übernachtung zu bleiben. Ihr Flug würde morgen fast um dieselbe Zeit wieder zurückgehen.
Der Trolley hüpfte und schwankte auf dem unebenen, mit groben Steinplatten ausgelegten Boden, der quer durch einen botanischen Garten führte. Die Luft roch nach exotischen Pflanzen, feuchter Erde und einem Hauch von Salzwasser. Das Meer lag direkt vor dem Hotel. Nur ein dreißig Meter breiter, schneeweißer Sandstrand trennte das Hotel vom Wasser. Sie ging ein wenig unsicher auf den schiefen Platten, die nicht für das Business-Outfit mit ihren hohen Schuhen gemacht waren.
Geflogen und gefahren war sie in bequemen Sportschuhen. In den engen schwarzen Rock, die elegante weiße Bluse mit den Rüschen an den Ärmeln und die schwarzen, hochglanzpolierten Stilettos war sie erst auf dem Parkplatz geschlüpft. Sie wollte nichts dem Zufall überlassen. Ihre Mission war ungemein wichtig für das ganze Team und das Abschneiden bei den anstehenden olympischen Sommerspielen, bei denen das Deutsche Ficker Nationalteam sich nach dem Gewinn der letzten Goldmedaille im Jahr 2000 in Sydney, gute Chancen auf einen erneuten Sieg ausrechnete.
Sechzehn Jahre musste das Team nun schon auf einen weiteren Erfolg dieser Größenordnung warten. In diesem Jahr sollte es endlich wieder klappen. Und dazu benötigten sie eines ihrer größten Talente, Matthew McBride, den das deutsche Team um Nationaltrainer Achim Tiger vor wenigen Wochen erfolgreich eingebürgert hatte. Erfolgreich und absolut wasserdicht, wie alle involvierten Experten und Juristen versichert und unzählige Male geprüft hatten.
Doch die Amerikaner waren offenbar anderer Meinung. Federführend durch die Co-Trainerin, Teresa Beaumont, eine promovierte Juristin und angesehene Anwältin in den Vereinigten Staaten, glaubten die Amerikaner eine Möglichkeit gefunden zu haben, das Deutsche Ficker Nationalteam durch ein formaljuristisches Schlupfloch schwächen zu können.
Magdalena Feldmann war hier, um ein klärendes Gespräch zu führen. Im Idealfall das amerikanische Team umzustimmen, einen Protest gegen die Nominierung von Matt McBride in das Deutsche Nationalteam auszurufen. Von allen zur Verfügung stehenden Personen aus dem deutschen Betreuerstab war sie es, die Teresa Beaumont am besten kannte. So hoffte sie jedenfalls.
Als sie die offene, zum Meer hin ausgerichtete Hotelbar erreichte, war sie sich da nicht mehr so sicher. All ihre seit Stunden zurechtgelegten Sätze klangen plötzlich abgedroschen und lahm in ihren Ohren. Je weiter der unebene Boden ihre Gedanken durchgerüttelt hatte, desto unsicherer war sie geworden.
Ihr Herz raste, als sie die wenigen Stufen hinabstieg, die zum Eingang der offenen Bar führten. Der Trolley polterte laut und unbeholfen hinter ihr her. Beinahe wäre er umgekippt. Am liebsten hätte sie das bescheuerte Gefährt, das ihren eleganten Auftritt so wirkungsvoll ruinierte, einfach in eine der saftig grünen Hecken geworfen. Aber nun war es zu spät. Das sperrige Ding humpelte hinter ihr die Treppen hinunter.
Teresa Beaumont hatte sie bereits erkannt. Sie stand von ihrem Barhocker auf und winkte sie zu sich. Auf ihren Lippen lag ein Lächeln.
»Hallo Magdalena.« Wie immer klang ihr eigener Name in Englisch fremdartig und seltsam melodiös in ihren Ohren. Die beiden Frauen begrüßten sich mit einer formellen Umarmung. Feldmann nahm den Geruch von Sonnencreme und dezentem Parfum wahr. Sie hoffte durch den Flug und die Fahrt mit dem Auto nicht sehr viel schlechter zu riechen. Sie hatte gehofft auf dem Weg zur Bar eine Toilette zu finden, auf der sie sich kurz frischmachen konnte, aber Teresa hatte ihr gewunken noch bevor sie eine entdeckt hatte.
»Hallo Teresa«, erwiderte Feldmann die Begrüßung. »Du siehst toll aus.« Das tat sie wirklich. Einen Moment lang fragt sich Magdalena, warum sie diese tolle Frau hatte ziehen lassen, als sie vor vier Jahren eine unglaublich intensive Beziehung während der Zeit im olympischen Dorf in London geführt hatten. Die Gründe warum sie sich damals direkt nach den Spielen aus den Augen verloren hatten, kamen ihr heute seltsam kindisch und naiv vor. Obwohl sie sich noch zu genau daran erinnerte was sie ihr angetan hatte.
»Nimm Platz«, bat Beaumont. Feldmann hüpfte dankbar auf einen der hüfthohen Barhocker. Den Trolley hatte sie neben sich gestellt. Eine Weile unterhielten sie sich über belangloses. Sie sprachen Englisch. Es war offensichtlich, dass beide Frauen die Spannung zwischen sich spürten und keine den ersten Schritt wagte, auf ihre Vergangenheit oder auf den Protest zu sprechen zu kommen. Teresa Beaumont blickte Feldmann aus ihren tiefschwarzen Augen an. Ihre Haut war so dunkel wie die Mahagoni Platte auf dem Tresen. Sie war die erste afroamerikanische Frau die Feldmann näher kennen lernen durfte. Damals war sie fasziniert gewesen, von so Nebensächlichkeiten wie dem Farbenspiel ihrer beiden Leiber, wenn sie ineinander verschlungen waren, der leuchtend rosaroten Muschi umgeben von tiefbrauner Haut. Als sie jetzt darüber nachdachte musste sie lächeln. Tiefgründig war ihre kurze Beziehung sicher nicht gewesen.
Aber der Sex phänomenal.
Nachdem der Barkeeper ihnen zwei Eistee gebracht hatte, die vor Eis klirrenden Gläser beschlagen und so kalt, dass die Finger beinahe daran kleben blieben, blickte Teresa Beaumont ernst zu ihrer deutschen Kollegin. Feldmann wusste was nun kommen würde und wappnete sich innerlich auf die Konfrontation. Sie hätte das Gespräch lieber unter vier Augen geführt, aber wenn Teresa die Bar vorzog, sollte ihr das auch Recht sein.
»Lena, es tut mir leid, dass ich dich unter diesen Voraussetzungen hier her gelockt habe. Aber ich hatte gehofft, dass du kommst, oder zumindest dass du es wärst, die man schickt.«
Feldmann war sich unsicher, ob sie den Sinn hinter der Aussage richtig verstanden hatte.
»Was meinst du mit gelockt? Ich dachte wir reden über euren Protest gegen McBride?«
Teresa Beaumont schüttelte den Kopf. »Es wird keinen Protest geben.« Sie suchte Feldmanns Blick. Ihre Augen wirkten traurig. »Ich gebe zu, wir wollten den Wirbel den unsere Juristen um die Möglichkeiten eines Einspruchs öffentlich gemacht haben ein wenig ausnutzen, aber zu einem wirklichen Protest wäre es nie gekommen.«
Feldmanns Blick schweifte in die Ferne, auf das Meer, die bunten Boote und Luftmatratzen, die Surfbretter und Bodyboards, die Kitesurfer, die weiter draußen in halsbrecherischen Aktionen, mit neongrellen Lenkdrachen über meterhohe Wellen ritten. Sie war sich unschlüssig ob sie erleichtert sein sollte, dass die Drohung der Amerikaner sich in Luft aufgelöst hatte, oder verärgert, dass Teresa sie nicht schon am Telefon darüber in Kenntnis gesetzt hatte. Stattdessen hatte sie einen anstrengenden Flug und eine zweistündige Autofahrt quer durch São Paulo auf sich nehmen müssen, um hier an der Bar nach wenigen Minuten bereits zu erfahren, dass ihr Besuch völlig unnötig war.
Sie spürte Teresas Hand auf ihrem Unterarm. Blickte auf die langen, dunklen Finger, die sich so klar auf ihrer hellen Haut abzeichneten. Ihre langen Nägel waren dunkelblau lackiert. Auf jedem prangte ein kleiner silberner Stern. Der Nagel des Zeigefingers war als einziger rot mit weißen Streifen.
Das Sternenbanner auf den Fingernägeln.
»Ich wollte dich sehen und ich wusste nicht, ob du einfach so kommst.« Sie sah fragend in ihre Augen. »Wärst du einfach so gekommen?«
Feldmann zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht.« Gedankenverloren legte sie die freie Hand auf die dunklen Finger, umspielte die feinen Glieder und strich über die bunten Nägel.
»Ich habe dich vermisst, nach London.« Sie sprach leise. »Ich wollte dich hundertmal anrufen. Aber ich wusste nicht was ich sagen sollte. Irgendwann war es zu spät. Der Zeitpunkt verpasst. Danach kam es mir falsch vor es zu versuchen.« Sie suchte wieder Teresas Blick. Eine kleine Träne stahl sich in ihren Augenwinkel. Sie versuchte sie wegzublinzeln, es gelang ihr aber nicht. Die Träne kullerte über ihre Wange. Hinterließ dort eine glänzende, dünne Spur und tropfte schließlich von ihrem Kinn auf die Bar.
Feldmann strich mit dem Daumen sanft über die feuchte Linie. Die Geräusche um sie herum, der Trubel der Bar, wirkten plötzlich seltsam gedämpft. In diesem kurzen, intimen Moment gab es nur sie und die dunkelhäutige Frau neben ihr. Sie spürte die Wärme ihres Körpers, die Hand auf ihrem Arm, die nackten Schultern, die ihre berührten als sie näher an sie herangerückt war um die Träne abzuwischen.
Beaumont blieb stumm. Sie war es gewesen, die die kurze aber lebhafte Beziehung während den olympischen Spielen in London beendet hatte, nachdem Feldmann einen Abend mit der Teamsprecherin des amerikanischen Teams verbracht hatte. Beaumont hatte sie in deren Zimmer überrascht. Wie sich später herausgestellt hatte, war der Anlass tatsächlich offiziell gewesen. Feldmann hatte versucht, die Teamsprecherin zu einem gemeinsamen Abend mit allen Athleten des deutschen und amerikanischen Teams einzuladen und einige organisatorische Dinge zu klären. Beaumonts Eifersucht war lächerlich und unangebracht gewesen, doch an diesem Abend war sie für Argumente taub. Stattdessen hatte sie frustriert die Bar im olympischen Dorf aufgesucht, um nach den erstbesten Alternativen Ausschau zu halten.
Grattner und Tiger. Davon hatte Magdalena Feldmann nie erfahren. Aber danach war die kurze Beziehung tot, die olympischen Spiele zwei Tage später beendet, die Medaillen verteilt , die Mannschaften in ihre Heimatländer abgereist. Feldmann und Beaumont hatten nie wieder miteinander gesprochen.
Bis gestern am Telefon.
»Bist du mir böse?« fragte Beaumont. »Wegen dem Vorwand mit dem ich dich hergelockt habe?«
Feldmann schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich sein soll. Ich kann immer noch nicht recht glauben, dass sich das Problem auf einmal in Luft aufgelöst hat. Ich war so furchtbar aufgeregt, nicht nur wegen dir, sondern weil der Protest auch zu einem echten Problem für uns werden würde.«
Sie schaute Beaumont an. Die schien ihren skeptischen Blick zu bemerken und lächelte zuversichtlich.
»Komm mit«, forderte sie Feldmann leise auf, rutschte von ihrem Barhocker und schnappte sich den Griff von Magdalenas Trolley. Ohne auf Antwort zu warten ging sie voran. Sie trug nur kurze Shorts und ein T-Shirt. Dazu war sie barfuß in Flipflops. Am Eingang der Bar drückte sie den Trolley einem Bediensteten in die Hand. In schnellem portugiesisch übergab sie ihm den Auftrag, ihn in ihr Zimmer zu bringen.
Feldmann kam sich plötzlich total overdressed vor in ihrem Rock, der Bluse und den hohen Schuhen, die laut hinter den schlurfenden Schlappen von Teresa her klackerten. Auf den unebenen Steinen vor der Bar schlüpfte sie kurzerhand aus den High-Heels. Die teuren Schuhe hakte sie mit zwei Fingern an den Fersenkappen ein. Barfuß mit den Schuhen am Oberschenkel baumelnd, lief es sich gleich viel leichter.
Teresa Beaumont steuerte einen niedrigen, rechteckigen Gebäudekomplex an, der auf halber Höhe mit einer umlaufenden Fensterreihe versehen war. Ansonsten bestand er aus grauen, unscheinbaren Steinblöcken und war schon von weitem als eine Sporthalle auszumachen. Im Vorraum war es brütend heiß. Die Bluse klebte Feldmann bereits am Rücken. Sie war sich sicher, dass sie längst durchsichtig war. Ein kurzer Blick auf die spiegelnden Scheiben in dem kleinen Vorraum bestätigte ihre Vermutung. Ihr schwarzer BH zeichnete sich deutlich darunter ab. Sie schwitzte wie verrückt. Selbst der Rock klebte bei jedem Schritt an ihren Schenkeln.
Teresa hielt ihr die Tür zu einer der Umkleidekabinen auf. Es war unschwer zu erkennen, dass es sich um ihr Team handelte, das sich hier eingerichtet hatte und dass dieses Team offenbar gerade beim Training war. Der Raum war voll mit Taschen auf denen das Sternenbanner prangte. Shorts mit dem aufgestickten Weißkopfseeadler, dem Wappentier der USA, lagen auf dem Boden. Weiße Shirts mit der US-Flagge auf der Brust hingen an offenen Spind Türen. Überall verteilt waren Basecaps mit den Logos amerikanischer Basketball, Football und Baseball Teams, standen Badelatschen mit blauen Sohlen und weiß-roten Streifen. Vor einem Tisch, überladen mit grünen Gatorade und roten Coca-Cola Pappbechern, flitzte ein kleiner afroamerikanischer Mann hin und her, füllte die Becher aus einem riesigen Kühlbottich der auf dem Boden neben dem Tisch stand. Er häufte Bananen, Schokoriegel und allerhand anderer kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel.
Feldmann zögerte den Raum zu betreten, obwohl ihr die Tür aufgehalten wurde. Es war als betrete sie ein Heiligtum. Die Trainingsstätte der Gegner war üblicherweise eines der bestgehüteten Geheimnisse. Egal in welchem Sport. Dass Teresa Beaumont sie ohne zu zögern hierher geführt hatte, irritierte sie.
Dass sie sie jetzt auch noch betreten sollte umso mehr.
»Hier beißt dich niemand«, spottete Beaumont, die das Zögern von Magdalena Feldmann bemerkt hatte.
Unsicher tappte sie barfuß durch die Umkleidekabine. Geradezu penibel darauf bedacht, nichts von den herumliegenden Gegenständen zu berühren. Trotzdem saugten ihre Augen schon diese belanglosen Utensilien wie einen Schwamm in sich auf. Der Mann der die Verpflegung auffüllte, beachtete sie überhaupt nicht. Vermutlich wusste er auch gar nicht wer sie war.
Sie betraten einen langen, schmalen Gang an dessen Ende der Eingang zur Sporthalle lag. Links und rechts gingen je zwei Türen ab, die alle geschlossen waren. Teresa steuerte zielstrebig den Eingang an. Feldmann konnte noch immer nicht glauben, wie leichtfertig sie durch die heiligen Hallen des amerikanischen Profi Ficker Teams geführt wurde. Im deutschen Trainingslager wäre das undenkbar gewesen. Was Teresa damit wohl bezweckte? Sie war an der Bar aufgesprungen, nachdem Magdalena Zweifel an der Absicht der Amerikaner geäußert hatte, tatsächlich auf den Protest zu verzichten.
Wie sollte ein Blick auf das Training ihres Teams, die Psychologin aus Deutschland überzeugen?
Wenige Minuten später wusste sie es. Sie wusste, warum die Amerikaner keine Schritte gegen das deutsche Team einleiten mussten und sie wusste warum Teresa Beaumont sie, acht Tage vor Beginn der Eröffnungsfeier, so freizügig durch ein Training ihres Teams führte. Weil sie keine Nation der Welt zu fürchten brauchten. Und dazu gehörte auch das deutsche Team. Ob mit oder ohne Matthew McBride.
Durch den Flur drang ein unglaublicher Lärm. Das war das erste was ihr aufgefallen war. Als würde eine Horde aufgepeitschter Zuschauer einen Boxkampf verfolgen. Anfeuerungsrufe, klatschende Hände, Schreie, Jubel. All das hallte in dem schmalen Gang in ihren Ohren, lange bevor Teresa Beaumont überhaupt die heruntergekommene Glastür am Ende des Flurs geöffnet hatte. Einen Moment war sie sich nicht sicher, ob sie überhaupt ein Training beobachten würden. Eine Annahme, die einzig in ihrem Kopf gereift war. Immerhin hatte Teresa Beaumont bis hier her keinerlei Andeutungen gemacht, wohin sie sie führen würde.
Bis sie die Tür zur Halle erreicht hatten, war Feldmann sich sicher, dass sie sich geirrt hatte. Das machte Sinn. All ihre Fragen nach dem Grund sie ein Training beobachten zu lassen, schien das laute Geschrei und all die Geräusche wegzublasen. Die machten während eines Fick Trainings überhaupt keinen Sinn.
Doch dann stand sie endlich ganz vorne und sah den Grund für all den Lärm.
Zuerst konnte sie vor lauter Zuschauern die eigentlichen Athleten gar nicht erkennen. Eine regelrechte Menschentraube stand im Kreis um etwas herum, das sich in deren Zentrum abspielte. Die Zuschauer standen in drei, teilweise vier Reihen hintereinander, teils versetzt, teils durch unterschiedliche Größen direkt hintereinander, um alle einen möglichst guten Blick in die Mitte zu bekommen. Es waren bestimmt achtzig, vielleicht hundert Personen wie Magdalena Feldmann schätzte. Alle applaudierten, bzw. folgten einem Mantra gleich einem klatschenden Rhythmus. Viele davon klatschten so zaghaft und so langsam, dass es den Anschein hatte, als wären sie hypnotisiert. Ihre Bewegungen schienen nicht selbst gesteuert, sie folgten einfach der Masse. Magdalena beobachtete den Kreis, obwohl sie von ihrer Position aus nicht erkennen konnte, was sich in dessen Zentrum abspielte.
Ihr fiel auf, dass der Kreis der Zuschauer nicht geschlossen war. Am hinteren Ende, fast direkt ihr gegenüber, schien es eine Lücke zu geben, als wäre dort eine Absperrung oder eine natürliche Barriere.
An der Stirnwand, auf der linken Hallenseite, befanden sich eine beträchtliche Anzahl verschiedenster Fitnessgeräte, die teils utopische Formen hatten. Sie standen durcheinander wie die zersprengten Gliedmaßen eines Roboters aus einem Transformer Film. Als würden sie sich in der nächsten Sekunde zu einem großen schwarz-roten Ungetüm vereinen, um aus der Halle zu marschieren.
An zwei der Geräten trainierten hochgewachsene schwarze Athletinnen. Beide trugen enge rote Hotpants. Sie waren in halsbrecherischen Verrenkungen in die Maschinen gespannt, die sie scheinbar wild hin und her schleuderten. Sie stöhnten und ächzten unter den Belastungen.
Beide trainierten mit nackten Oberkörpern. Ihre festen, ganz augenscheinlich mit Silikon vergrößerten Brüste, schienen wie angeschraubte Fremdkörper an ihnen zu haften. Während die Haare und die Arme der beiden teils chaotisch in alle Richtungen herumgeworfen wurden, schienen die Brüste allen Grundsätzen der Bewegungsphysik zu trotzen.
Ihre Oberkörper waren schweißnass. Wie eingeölt glänzten sie im künstlichen Licht der Deckenbeleuchtung.
Eine Trainerin im weißen T-Shirt, roten Pants und blauen Segeltuchschuhen stand mit einem Tablet in der Nähe. Sie schien die Maschinen über das Gerät zu steuern, denn alle paar Sekunden tippte sie mit schnellen Bewegungen auf das Display. Magdalena Feldmann hatte keine Ahnung welchen Sinn die Maschinen hatten. Sie traute sich nicht Teresa danach zu fragen, weil sie nicht den Eindruck erwecken wollte, als würde das deutsche Team nicht auch ähnliche Maschinen einsetzen. Sie hatte das Training, oder wie die Amerikaner dieses Chaos nannten, erst wenige Sekunden beobachtet, doch schon beschlich sie ein seltsames Gefühl, das sie noch nicht richtig greifen konnte.
»Das sind Gyromoves«, erklärte ihr Teresa durch all den Tumult, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Stabilisieren die Tiefenmuskeln und trainieren die Körperspannung und das Gleichgewichtsgefühl. Insgesamt dienen all diese Geräte hier dazu, das Gefühl und die Kraft des Körpers zu kennen und einzusetzen. Also eher als Ausgleich oder Zusatztraining.«
Die beiden Frauen auf den Geräten sahen allerdings nicht so aus, als würden sie ein Ausgleichstraining absolvieren. Sie hatten sichtlich Mühe die Anstrengung, die die Geräte ihnen abverlangten auszuhalten.
Feldmann wurde von dem wachsenden Tumult abgelenkt, obwohl die beiden durchtrainierten Frauen ein Anblick waren, von dem sie kaum die Augen abwenden konnte. Aber die Gruppe der Menschen, die sich im Kreis drängten rief immer lauter. Vereinzelt hörte sie jetzt einzelne Wörter und kurze Sätze aus dem Geschrei der Masse heraus.
»Ist das alles, Schlappschwanz«, drang eine rauchige Frauenstimme aus der Kakophonie von Lauten und Geräuschen heraus. Immer wieder wiederholte sie diesen einen Satz auf Portugiesisch. Feldmanns Sprachkenntnisse waren begrenzt, doch so einiges was die Meute brüllte, konnte sie jetzt heraushören und übersetzen.
»Fettarsch«, schrie ein Mann.
»Hässlicher Vogel«, ein anderer.
Feldmann war Teresa Beaumont immer weiter um die Menschentraube herum gefolgt.
Sie stand jetzt neben ihr an der Stelle wo der Kreis nicht geschlossen war.
Tatsächlich standen hier zwei Kameras, die auf das Zentrum der Menge gerichtet waren. Dort befand sich eine Massageliege, deren weiße Stahlrohrkonstruktion ihre besten Zeiten bereits hinter sich hatte. An manchen Stellen bröckelte die Farbe. Rostflecken schimmerten hervor. Rechts und links der Kameras saßen zwei Mitglieder des amerikanischen Teams auf halbhohen Hockern. Die beiden Frauen konnten bequem über ihre Köpfe schauen.
Auf der Liege lag eine Frau, so dick, dass ihr Oberkörper kaum auf der schmalen Liege Platz fand. Ihre Speckwülste hingen von der ehemals dunkelblauen Kunstlederauflage. Ihre Arme hingen seitlich an den Stahlbeinen. Ihre Finger krallten sich um das dünne Rohr. Sie versuchte sich krampfhaft festzuhalten, drohte aber bei jedem Stoß den der Mann vor ihr durch ihren schwabbeligen Körper jagte, seitlich herunterzufallen. Sie schwitzte so stark, dass ihr Schweiß in einem stetigen Rinnsal von ihren Ellbogen auf den Boden tropfte, auf dem sich bereits eine große Pfütze gebildet hatte.
»Fettarsch, Fettarsch, Fettarsch«, nahm der Kreis der Zuschauer, den Schmähruf eines einzelnen auf. Er potenzierte sich zu einem Gebrüll aus hundert Kehlen. Die Frau auf der Bank lag mit dem Kopf zu Magdalena Feldmann. Ihre Haare klebten an ihrem Gesicht, ihre Haut war übersät von Leberflecken, die Haut runzlig, mit roten Flecken vor Anstrengung überzogen. Ihre Brüste hingen wie schlaffe Schläuche auf beiden Seiten über die Liege. Feldmann war geradezu fasziniert von ihrer Hässlichkeit.
»Fettarsch, Fettarsch, Fettarsch«, brüllte die Menge. Die Beleidigungen, die die Frau ertragen musste waren Magdalena peinlich. Sie fühlte sich als Teil dieses Mobs. Am liebsten wäre sie aus der Halle gelaufen. Aus den Augenwinkeln sah sie Teresa nicht minder fasziniert auf das Schauspiel starren.
Zwischen den monströsen Schenkeln der Frau, halb verdeckt von zwei nach oben ragenden Waden mit dicken Fesseln, die die Größe von ausgewachsenen Oberschenkeln hatten, stand ein junger Mann. Er fickte die Frau. Seine Hände um ihre wulstigen Knöchel gekrallt, hielt er sich und ihre Beine so gut das möglich war. Eigentlich konnte Feldmann nur aufgrund seiner Bewegungen und den Stößen, die sich wie Wellen durch das Fettgewebe der Frau ausbreiteten vermuten, dass er sie fickte, denn ihr Bauch wölbte sich so in Magdalenas Sichtfeld, dass sie unterhalb des Bauchnabels nichts von dem Mann erkennen konnte. Seine Haut war so hell, dass sie schneeweiß im Licht der Deckenlampen strahlte. Sein Oberkörper war ein einziges Muskelspiel. Bei jedem Stoß wanderten und verknäulten sich die Muskelstränge. Der Anblick seiner Arme löste Gänsehaut bei Feldmann aus. Mit ihnen hätte man die gesamte World Wrestling Federation erschlagen können. Die Haut glänzte schweißnass. Sein Gesicht war verzerrt. Er wirkte vollkommen konzentriert. Seine Umgebung völlig ausgeblendet.
»Los gib‘s ihr du schlappschwänziger Fettarsch«, schrie die Frau direkt neben Magdalena plötzlich beinahe direkt in ihr Ohr. »Schlappschwanz, Schlappschwanz«, brüllte sie. »Dein winziger Steroiden Pimmel ist lächerlich.« Ihr Geschrei ging in der Menge unter.
Magdalena bemerkte, dass die Frau auf der Liege ein wohliges Grinsen auf den Lippen hatte, während der Muskelberg, der so hochkonzentriert in sie hinein kolbte, das Gesicht bei jedem dieser Schmährufe ein wenig mehr zu verziehen schien. Als könne er sich nur noch schwer von all den Beleidigungen fern halten.
Da erst erkannte Feldmann, dass der pöbelnde Mob den Mann anschrie und nicht die dicke Frau.
Ihr eingeschränktes Portugiesisch hatte ihr einen Streich gespielt.
Und dann erkannte sie auch den Sinn dieser Übung. Auch die deutschen machten das in ihren Trainings, allerdings hatte sie es noch nie in dieser extremen Form erlebt.
Der Ficker sollte mit allen Mitteln abgelenkt, irritiert, gedemütigt und beleidigt werden, bis seine Manneskraft versagte und er mit schlaffem Schwanz kapitulieren musste. Die Übung diente dazu, auf der Bühne alle fremden Geräusche, Lichtreflexe, Schmährufe aus dem Publikum und andere Ablenkungen auszublenden, um sich einzig auf seinen Schwanz und seine Standfestigkeit zu konzentrieren.
In dieser extremen Form hatte sie diese Übung allerdings noch nie erlebt. Als ihr Blick auf den schneeweißen Muskelberg fiel, der die dicke, hässliche Frau mit einer Verbissenheit fickte, als stünde die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel, überkam Magdalena Feldmann wieder dieses komische Gefühl.
Die Härchen an ihren Armen stellten sich auf, während sich ihr Magen zu verkrampfen schien. Und dieses Mal konnte sie das Gefühl einordnen. Sie hatte Angst. Beinahe Panik. Nicht vor einer direkten, persönlichen Bedrohung, oder dem was sie direkt vor Augen sah.
Sondern vor den Konsequenzen dessen, was Teresa ihr hier so freimütig präsentierte.
Die machen uns fertig, dachte sie. Niemals haben wir gegen die eine Chance. Ihr Blick schweifte durch die Halle als suche sie ein Zeichen, das ihr das Gegenteil bewies. Aber sie fand keines. Deshalb hatte Teresa sie hier hergeführt. Weil nichts von all dem was sie hier sah ihr helfen würde, in der kurzen Zeit ihr eigenes Team zu verbessern. Und es auch keinen Protest nötig hatte, um daran etwas zu ändern.
Und unser Team versucht das Outfit geheim zu halten. Fast hätte sie gelächelt. Stattdessen aber bereitete sich eine tiefe Resignation in Feldmann aus.
Sie fand den Blick von Teresa, die sie anlächelte. Ein kleines, fast ein wenig arrogantes, mitleidiges Lächeln. Es machte sie wütend. Sie spürte wie der Ärger in ihr hochkochte, weil sie hier so vorgeführt wurde. Einen Moment suchte sie nach Worten, um sie Beaumont entgegen zu schleudern. Dann wurde sie von einem lauten Krachen abgelenkt. Auf einer Seite waren die Stützen der Liege abgeknickt. Die Massageliege war zusammen gebrochen, der Teil der Stahlrohrbeine die nachgegeben hatten, nur noch ein unförmiges Chaos aus verbogenen Streben. Die dicke Frau hing kopfüber von dem, was übrig geblieben war. Der Schneemann versuchte sie zu halten, doch trotz seiner bis zum Zerreißen angespannten Muskeln, konnte er den Fleischberg nicht halten. Er musste die Frau loslassen. Sie rutschte glitschig und glänzend aus seinen Händen. Ihr schwabbeliger Körper erzitterte, als ihr Arsch hart auf den Boden plumpste.
Die Menge johlte und applaudierte. Magdalena Feldmanns Blick auf den ganzen Körper des Athleten war frei geworden. Was sie sah ließ sie bis ins Mark erschauern. Der Schwanz des schneeweißen Mannes ragte wie ein Speer aus seiner Mitte heraus. Dick, lang, schwer. Und hart wie eine Stahlstange. Er glänzte im durch die Oberlichter einfallenden Sonnenlicht. Auch in der Menge waren wohl einige Frauen – und Männer – die den jungen Mann, der kaum älter als zwanzig schien, zum ersten Mal ohne die dicke Frau vor seinem Schwanz sahen. Er hatte den Körper eines Linebackers aus der American Football League.
Überall hörte man, wie jemand geräuschvoll die Luft einsaugte, leise aufstöhnte oder mit dem Nebenmann tuschelte. Das Schreien und Brüllen war einer geradezu gespenstischen Stille gewichen, die in den Ohren dröhnte. Die Erregung der Menge schien direkt auf den Mann überzugehen. Lange, feingliedrige Finger schlossen sich um sein Glied. Die Sehnen an seinem Unterarm traten dick hervor, während sein Bizeps sich spannte. Sein Latissimus spannte seine Schultern zu einem breiten V auf. Er wichste sich ein paar Mal, steigerte das Tempo innerhalb kürzester Zeit und kam nur wenige Augenblicke, nachdem die Liege vor ihm zusammengebrochen war.
Sein Sperma landete auf der Frau, die gerade im Begriff gewesen war, sich von der Liege hochzudrücken. Sie hielt abrupt inne, als die erste Ladung sie aus zwei Metern im Gesicht traf. Gierig öffnete sie den Mund und schaffte es tatsächlich die nächste Ladung aufzusaugen. Noch eine, die sich in ihren strähnig fettigen, verschwitzten Haaren verfing, die ihr wie nasse Wollfäden an der Kopfhaut klebten. Eine weitere Ladung landete auf den Hängebrüsten und auf dem Bauch. Schnell vermischte es sich mit ihrem Schweiß um alsbald in den Untiefen ihrer Speckwülste zu verschwinden.
Magdalena bemerkte, dass sie mit offenem Mund dagestanden hatte. Sie klappte den Mund zu. Das Aufeinanderschlagen ihrer Zähne schien ihren ganzen Körper zum Vibrieren zu bringen.
Vor lauter Schreck rutschte einer der Louboutins, die sie trotz dem Rempeln und Stoßen hindurch, immer noch an den Zehenkappen eingehakt hatte, aus ihrer Hand. Laut polternd landete er mit dem Absatz voraus auf dem leicht nachfedernden Boden, kippte zur Seite und drehte sich einmal um sich selbst. Das Geräusch hallte durch die Stille der Halle wie ein Donnerschlag. Köpfe ruckten zu ihr herum, suchten nach dem Grund für den Schreck, der sie alle durchzuckt hatte. Die Anspannung war mit Händen zu greifen.
Peinlich berührt fanden Ihre Augen den Blick des Fickers, der sie anstarrte. Sie hoffte, dass sich ein Loch im Boden der Halle auftat in das sie hätte verschwinden können, doch der Wunsch blieb unerfüllt.
Er kann nicht wissen, dass ich eine Abgesandte des Deutschen Teams bin, dachte Magdalena. Eine Spionin des Gegners. Ich bin nur eine weitere Zuschauerin. Aus den Augenwinkeln nahm sie die umstehenden Personen erst im Einzelnen wahr. Bislang hatte sie sie nur als Ganzes angesehen. Als schreiender, brüllender Haufen Frauen und Männer. Sie stand inmitten von dunkelhäutigen Brasilianern. Der Kleidung, Haare und Schuhe nach, augenscheinlich Arbeitern aus der Umgebung. Die Männer klein, allesamt älter, mit sonnengegerbter Ha
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