Wolvesgrey Kapitel 3 und 4
von Terginum
III
Steve war dem Krankenwagen ins Hospital gefolgt. Luisa wurde sofort an einige Geräte angeschlossen und ruhiggestellt, damit sie sich nicht selbst verletzte. Nach einer gründlichen Untersuchung bestätigte der Oberarzt das erste Untersuchungsergebnis. Luisa verbrachte zwei Tage ohne Bewusstsein, immer wieder geschüttelt von schlimmen Alpträumen. Steve verbrachte Tag und Nacht an ihrem Bett. Wenn sie weinte, redete und schrie in ihren Träumen, legte er ihr die Hand auf die Stirn und sprach leise zu ihr. Luisa beruhigte sich dann sofort wieder.
Am dritten Tag war ihr Fieber gesunken, und sie kam zu sich, als die Sonnenstrahlen ihr Gesicht trafen. Sie blinzelte und brauchte ein paar Minuten, bis sie etwas erkennen konnte. Steve saß an ihrem Bett, er war eingeschlafen. Luisa betrachtete ihn lange, sie spürte eine Wärme bei seinem Anblick. Ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Vorsichtig fasste sie seine Hand. Er öffnete verstört die Augen, dann lächelte auch er.
"Du bist ja endlich wach, das wurde aber auch Zeit."
"Was machst du hier? Wie lange hab ich geschlafen?"
Es war mehr ein Flüstern, was sie zustande brachte.
"Ich passe auf dich auf. Du warst zwei Tage ohne Bewusstsein."
Sie schaute sich um.
"Wo bin ich eigentlich? Wenn Ernesto..."
Steve unterbrach sie.
"Du bist im Krankenhaus, und um Ernesto mach dir keine Sorgen, er ist fortgefahren."
Sie schaute ihn erstaunt an.
"Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich dir die Türe geöffnet habe. Von da an weiß ich nichts mehr. Er ist weg? Wohin?"
Steve lachte auf.
"Das hat er mir nicht auf die Nase gebunden. Denk nicht darüber nach und erhole dich erst einmal."
"Ja, du hast sicher Recht."
Aber schon bei diesen Worten fielen ihr die Augen zu. Steve beobachtete ihren Schlaf noch für einen Moment und verließ dann das Zimmer. Draußen redete er kurz mit der Schwester und ging.
Eine Berührung an ihrem Handgelenk weckte Luisa, sie blinzelte.
"Steve?" Aber dann erkannte sie, dass es nur eine Schwester war, die sie freundlich anlächelte.
"Er ist bald wieder zurück. Er wollte sich nur im Hotel etwas frisch machen. Nach den langen Tagen und Nächten, wo er ständig an Ihrem Bett saß, möchte er Ihnen einen schönen Anblick bieten."
Sie zwinkerte Luisa zu und ließ sie nachdenklich zurück. Die Zeit wollte nicht vergehen, während sie auf Steves Rückkehr wartete.
An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken, die Gedanken ließen ihr keine Ruhe dazu. Sie wurde fast wahnsinnig durch die Warterei, und als sie fast schon im Begriff war, aufzustehen, öffnete sich die Türe. Sie sah Steve an. In seinen verwaschenen Jeans sah er aus wie ein Rebell. Und doch spürte sie seine Dominanz, die ihn wie eine Aura umgab. Er trat lächelnd auf ihr Bett zu und nahm sie einfach in den Arm. Sie konnte sein Rasierwasser riechen und die frisch rasierte Haut auf ihrer Wange spüren.
"Warum warst du die ganze Zeit hier?", fragte sie ihn leise.
"Weil mir sehr viel an dir liegt. Ich mag dich sehr."
Er küsste sie sanft auf die Lippen.
"Es geht nicht." Sie zog ihren Kopf zurück.
"Ich werde es mit Ernesto regeln, sobald er zurück ist. Er wird dich freigeben, das verspreche ich dir."
"Versprich mir bitte nichts, was du nicht halten kannst. Er wird mich nicht freigeben, niemals."
"Wir werden ja sehen." Steve sah ihr tief in die Augen, er konnte ihre Besorgnis sehen.
"Aber ich muss dir noch etwas sagen. Ich muss für eine Zeitlang fort, wegen Geschäften im Ausland. Aber ich fahre nicht gerne weg und lasse dich hier zurück."
"Mach dir keine Sorgen, ich bin schon groß." Sie lächelte ihn an. "Und was soll mir hier im Krankenhaus schon passieren?"
"Aber du versprichst mir, dass du hier bleibst, bis du ganz gesund bist?"
"Ja, das werde ich. Ich verspreche es."
"Gut, ich werde dann jetzt alles in die Wege leiten, damit ich auch schnell wieder hier bin."
Steve lächelte sie an und ging zur Türe hinaus. Er sah nicht die kleine Träne, die ihr Gesicht hinunter lief. Sie fühlte sich so elend.
Sie hatte ihn mit reiner Absicht belogen. Es tat ihr weh, aber sie sah keinen anderen Ausweg.
Steve tätigte ein paar Telefonate, seine Abreise war schnell organisiert. Er checkte im Hotel aus, und auf dem Weg zum Flugplatz verabschiedete er sich noch schnell bei Luisa. Er hatte nicht die Zeit, sich lange aufzuhalten, denn sein Pilot wartete.
Bis zu dem kleinen Jet konnte er direkt vorfahren. Er war es gewohnt, eine Sonderbehandlung zu genießen. Ein Stewart nahm sein Gepäck, und der Pilot begrüßte ihn mit Handschlag.
"Schön, Sie zu sehen, Mr. Kingston." Der Pilot verbeugte sich leicht.
"Danke, mein Freund. Ich hoffe, der Flug verläuft ohne Probleme!"
"Wir können sofort starten."
Sie nahmen Platz in dem Jet, die Türen schlossen sich hinter ihnen. Steve machte es sich bequem, was kein Problem darstellte. Bis auf den Stewart und die Piloten war er alleine an Board. Seine Gedanken waren bei dieser - so einzigartigen - Frau im Krankenhaus, aber selbst das hinderte seine Augen nicht daran, sich zu schließen. Der Stewart weckte ihn kurz vor der Landung.
Er sah zum Fenster hinaus und war wie immer überwältigt von der Weite des Landes und der Wüste. Wie abgeschnitten änderte sich plötzlich die Landschaft, und eine Oase aus sattem Grün blendete ihn. Er liebte diesen Landeanflug; die Häuser, strahlend weiß, flogen an ihm vorbei und das Blau des Persischen Golfs ließ den Gedanken an eine Fata Morgana aufkommen. Er staunte jedes Mal, wie weit sich diese Stadt ausbreitete. Sie landeten auf dem King Fahd Airport.
Als er nach draußen trat, hielt er kurz inne und atmete tief ein. Die Hitze ergriff ihn sofort, Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er konnte das Salz in der Luft schmecken. Er ging die Stufen hinunter zu der schwarzen Limousine. Der Chauffeur öffnete die hintere Türe, und ein fröhlich lachender Mann stieg aus. Die zwei Männer umarmten sich herzlich.
"Salam aleikum, mein Freund."
"Aleikum salam. Schön, wieder einmal bei dir zu sein. Es ist ja schon fast meine zweite Heimat."
Sie lachten beide und klopften sich immer wieder auf den Rücken.
"Komm, lass uns einsteigen, mein Freund. Meine ganze Familie erwartet sehnlichst deine Ankunft."
"Deine Söhne können es wieder nicht abwarten, mich beim Basketball zu schlagen."
Sie lachten und scherzten auf der kurzen Fahrt, und schon sehr bald erreichten sie einen kleinen Palast. Der Empfang war wieder einmal überwältigend, die ganze Familie begrüßte ihn. Sie hatten ein wahres Festmahl aufgetragen, viele verschiedene Köstlichkeiten. Einige von ihnen konnte Steve noch nicht einmal benennen. Sie lachten und scherzten, auch Omars acht Frauen nahmen an diesem Fest teil. Wenn sie allerdings zu lautstark im Hintergrund lachten, schaute sie Omar nur kurz streng an und schon kehrte Ruhe ein. Steve lächelte innerlich, er hatte soviel von Dominanz an sich, obwohl Omar mit SM doch nichts am Hut hatte.
Nachdem Steve alle begrüßt hatte, suchte er das Gespräch mit seinem Gastgeber und Freund.
"Es ist verrückt, wie sehr ihr euch immer freut, wenn ich hier bin."
"Steve, du bist mehr als nur ein Freund und Geschäftspartner. Du gehörst zur Familie, bist wie ein Bruder für mich. Aber du siehst aus, als ob du Sorgen hättest."
"Auch du bist mehr als das für mich. Es macht mich stolz, dass du mich als deinen Bruder siehst. Omar, es geht mir gut, bis auf die Frau, die in meinem Kopf rumspukt. Ich werde nachher versuchen, sie anzurufen. Aber nun zu dir. Bist du schon aufgeregt wegen deiner neunten Hochzeit? Wann lerne ich deine Braut kennen?"
"Bald, mein Bruder. Aber sprich, ka'if halak ? Ich mache mir Sorgen um dich."
"Es geht mir gut, wie du siehst, Leib und Seele sind im Gleichklang."
"Ich höre, was du sagst, aber meine Augen sehen etwas anderes. Ist es diese Frau wert, dass dein Kopf so arbeitet?"
"Ja, sie ist es wert. Aber es wird auch nicht einfach, sie ins Leben zurückzuführen."
Sie redeten und feierten noch bis tief in die Nacht. Erst als alle sich verabschiedet hatten, versuchte Steve im Krankenhaus anzurufen. Es dauerte etwas, bis jemand den Hörer abnahm.
"Ich hätte gerne Luisa Baker gesprochen, hier ist Steve Kingston... - Wie, sie ist nicht da? Aber Sie konnten sie doch nicht einfach gehen lassen? Haben Sie eine Adresse oder eine Telefonnummer, unter der ich sie erreichen kann? --- Danke, da kann man nichts machen."
Steve legte auf. Sehr viele Emotionen waren in seinem Gesicht zu lesen. Er versuchte noch, sie im Hotel zu erreichen, aber auch dort war sie nicht. Eisige Kälte machte sich in ihm breit. Er ging hinaus auf die Terrasse und schaute in den Sternenhimmel. Ihm war sehr nach Schreien zumute, aber er konnte sich beherrschen.
"Verzeiht, Herr, darf ich mit Euch den Nachthimmel teilen? Auch ich kann keine Ruhe finden."
Steve zuckte zusammen und versuchte, die dunkle Ecke zu durchdringen, aus der die Stimme kam. Aber er konnte nichts erkennen.
"Ja natürlich, der Himmel mit seinen Sternen ist für alle da."
"Ich danke Euch."
Steve konnte kurz das zarte Gesicht eines ganz jungen Mädchens erkennen. Er lächelte sie an.
"Du musst Karima sein?"
"Ja Sir, das bin ich."
"Ich habe schon sehr viel von dir gehört. Natürlich darfst du mir etwas Gesellschaft leisten."
Sie schauten beide in den mit Sternen gefüllten Himmel. Sternschnuppen flogen unregelmäßig in weitem Bogen, bis sie wieder verschwanden.
"Bedrückt Euch etwas, Sir?"
"Nein Kleines, nichts, was dich belasten sollte. Freu du dich auf deine Hochzeit. Du bekommst einen ganz großartigen Mann."
"Ja Sir, er ist ein eindrucksvoller Mann. Ich werde ihm eine gute Frau sein."
"Ich bin mir sicher, dass du das sein wirst. Es ist Zeit, ins Bett zu gehen."
Steve lächelte Karima an und zog sich zurück. Viel Schlaf bekam er nicht, das Treiben im Haus holte ihn frühzeitig aus der Nachtruhe.
IV
In den nächsten Tagen arbeitete er als Berater bei Omars Ölgeschäften. Er vertiefte sich sehr in die Geschäfte, sodass die Gedanken an Luisa erst einmal in weite Ferne rückten. Abends traf er immer auf Karima und wunderte sich, wie tiefsinnig die Gespräche wurden, die er mit diesem noch so jungen Mädchen führte. Die Tage vergingen, und der größte Teil der Geschäfte war abgeschlossen, als Karima ihn abends fragte, ob er sie am nächsten Tag auf den Markt begleiten würde. Sie wollte für Omar
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