Wort zum Sonntag
von handman
Beitrag zu einem Kurzgeschichtenwettbewerb, der auf 600 Wörter begrenzt ist.
»Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer daheim an den Bildschirmen, nicht alles in unserem Alltag läuft reibungslos. Lassen Sie mich deshalb heute über die Selbstbefriedigung reden. Ein Thema, das allzu oft beschwiegen oder nur unter der Decke behandelt wird. Doch für Heimlichkeiten gibt es gar keinen Grund.
Schon der Herr sprach: Liebe dich selbst wie deinen Nächsten. Konfuzius sagt: Kannst du heute dir`s besorgen, dann verschieb` es nicht auf morgen. Und der berühmte Regisseur Woody Allen meint gar: Sagen Sie nichts gegen Masturbation - es ist Sex mit jemandem, den man wirklich liebt.
Nun, was wollen uns diese Worte sagen? Das liegt auf der Hand: Nichts ist besser als Sex. Außerdem gilt: Selbstbefriedigung ist besser als Nichts. Entsprechend der sokratischen Lehre folgt daraus, dass Selbstbefriedigung besser als Sex ist. Nur Philosophieunkundige werden dem widersprechen. Schon dass unsere Geschlechtsorgane leicht zugänglich in unserer Körpermitte liegen, beweist: der Sinn des Lebens ist Selbstbefriedigung.
Aber Selbstbefriedigung treiben klingt ungefähr so erbaulich wie Konkursantrag stellen. Deshalb hat sich stattdessen der Begriff wichsen eingebürgert. Er stammt aus dem Handwerk. Früher war wichsen ein anderes Wort für polieren. Böden und Stiefel wurden gewichst. Die damaligen Schuhputzer trugen die offizielle Berufsbezeichnung Wichser.
Dieses Wort wird heutzutage gern abwertend benutzt. Kein Wunder, denn in unserer schnelllebigen Zeit ist nichts normaler als wichsen. Und nichts ist heute langweiliger, als normal zu sein. Es ist ja bereits von Nachteil, nicht ausgeflippt zu erscheinen. Beschimpft man jemanden als Wichser, meint man also nichts anderes als: Du bist stinknormal! Spiel dich mal nicht so auf! Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen.
Einmal kam ein junger Mann zu mir und bat mich um Rat. Er arbeitete bei KENTUCKY SCHREIT FICKEN. Wenn er sah, dass eine Dame ein Grill-Huhn bestellte, kümmerte er sich persönlich darum. Bevor er das Huhn auf den Spieß steckte, schob er es sich auf den Penis und onanierte mit ihm. Er war nicht davon abzubringen - Hühner waren sein Fetisch. Das ging eine ganze Weile gut, bis die Geschäftsleitung davon erfuhr. Aber statt sein Anderssein zu respektieren, erteilte sie ihm eine Abmahnung. Und so trieb er es seit dem mit den Hühnern heimlich im Kühlraum. Doch nun war er ständig erkältet. Er fragte mich, was er tun sollte.
Ich nahm ihn beiseite und riet ihm, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Dann verlor ich ihn aus den Augen.
Schließlich tauchte er wieder auf und berichtete mir stolz, er sei nun bei den Anonymen Onanisten und sein Leben hätte dadurch einen völlig neuen Sinn erhalten. Die Atmosphäre in der Gruppe sei sehr familiär und inspirierend. Die Mitglieder würden auch ihre Masturbienen mitbringen und alle hätten viel Spaß beim Wichsen und beim Grillen. Sie übten neue Grifftechniken im Kurs Betreutes Onanieren und hörten Fachvorträge. Zum Beispiel Der Frieden liegt in deiner Hand über die Rolle der Onanie bei friedenssichernden Einsätzen der UNO, Der Beckenboden als Basis des Spannungsabbaus und über autoerotische Unfälle, wie Der Staubsauger als Penisfalle.
Sie hielten Kontakt zu befreundeten Wichsgruppen im Ausland, ja, sie planten sogar einen Brigadeausflug zum EUROPEAN MASTURBATION CONTEST in Kopenhagen.
Das Beste aber sei, dass er nicht mehr unter ständiger Erkältung leide, denn er müsse sich nun nicht mehr im Kühlraum verstecken. Er könne seine Hühner zu den Gruppenabenden mitbringen und dazu stehen.
Das alles klang sehr ermutigend. Also legte ich dem jungen Mann meinen Arm um die Schulter und sprach zu ihm: Mein Sohn. Der Herr hat auch mit dir Erbarmen. Er hat dir das Ende der Eiszeit geschenkt. Nun preise den Herrn und nutze deine Chance. Gott schütze dich und das Geflügel.
Eine gesegnete Nacht in diesem Sinne wünscht Ihnen Ihr Balthasar Frohrieb.«
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(AutorIn)
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LG, handman«
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Jetzt nichts wirklich neues, aber ganz amüsant. Beeindruckend fand ich die "600 Wörter" Hürde.
Gut gemacht :-)
LG Mondstern«
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Aber bei Kentucky schreit Ficken esse ich lieber doch nicht.
(Grins).«