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Kommentare: 3 | Lesungen: 1600 | Bewertung: 7.18 | Kategorie: Soft Stories | veröffentlicht: 17.05.2017

skrupellos Kapitel I

von

"Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet".


Diese Worte aus Kafkas Roman „Der Prozess“, gingen mir durch den Sinn, als ich die breiten Stufen im Inneren des Landgerichts hochging.


Und wie in jenem Roman, stand auch hier ein Unschuldiger vor Gericht. Es war an Gemeinheit, an Infamie nicht zu überbieten was mit ihm geschah, was sie ihm antaten, … meinem Papa.

Auf der Empore sah ich Herrn Bächelt, Papas Rechtsanwalt an einer Säule stehend eine Zigarette rauchen.


Er kam mir entgegen, schaute ernst und sprach:


„Fräulein Rebecca, wir haben ja schon darüber gesprochen, rechnen Sie mit keinem guten Ausga...“.


Nahe ging ich mit meinem Mund an sein Ohr und sprach leise, aber deutlich die Worte: „Es ist alles arrangiert“.


Ich ging weiter Richtung Sitzungssaal, einen Rechtsanwalt zurücklassend, der irritiert und verständnislos hinterdrein blickte.

***

„Ich warne Sie Herr Rechtsanwalt, ihre wiederholten Versuche die Verhandlung durch unsinnige Beweisanträge zu behindern, werde ich nicht länger hinnehmen“.


Der Rechtsanwalt fuhr von seinem Stuhl hoch: “Sie scheinen über alle Maße voreingenommen Herr Vorsitzender und...“.


Und nach einer bedeutungsvollen Pause:


„… und ich gestehe, ich bin kurz davor einen Befangenheitsantrag zu stellen“.


Der Vorsitzende lächelte spöttisch: „Gestehen Sie soviel Sie wollen Herr... äh... Anwalt“.


Doch die anwesenden Juristen im Saal eins des Landgerichts München wussten, ein Befangenheitsantrag würde verworfen werden, so sicher wie das Amen in der Kirche.


Der Verteidiger sank langsam auf seinen Stuhl zurück.

Es war Tag eins der Verhandlung und ich saß in der zweiten Reihe des mehrreihigen Publikumsbereiches und da die Verhandlung öffentlich war, befanden sich noch sechs oder sieben andere Personen ebenfalls in diesem Bereich.


Aufmerksam folgten sie dem Geschehen, machten sich Notizen. Möglicherweise, oder ziemlich sicher Vertreter der diversen Tageszeitungen der Stadt.

ja, schreibt nur auf welche Ungeheuerlichkeit hier geschieht.


Schreibt auf, wie seitens des Staates mit grundanständigen Bürgern umgesprungen wird.


Wütend war ich sowieso, Entsetzen war dazu gekommen.


Papa in Handschellen.


Ja, in Handschellen war er in den Gerichtssaal geführt worden.


Zwar wurden ihm hier die Fesseln abgenommen, aber dieser Wachtmeister blieb frech und impertinent hinter ihm sitzen.


Wie ein Schwerverbrecher wurde er behandelt und der Öffentlichkeit vorgeführt. Es war eine Niedertracht und Boshaftigkeit ohne gleichen.


Der Hauptverantwortliche?


Der vorsitzende Richter am Landgericht München Herbert Wallin.


Aber er wird die Quittung für sein unredliches Handeln bekommen, ich verspreche es hoch und heilig,...er wird bezahlen...

Zwei Stunden dauerte nun diese Farce schon und obwohl ich keine große Ahnung von Strafverfahren hatte, genau genommen war es das zweite Mal, dass ich in einem Gerichtssaal war, fühlte ich, es lief schlecht.


Unverhohlene Antipathie, um nicht zu sagen Hass, schlug Papa und seinem Anwalt seitens des Vorsitzenden und des Staatsanwaltes entgegen.


Kaum eine Frage wurde in normalem Tonfall gestellt, immer war ein gereizter, aggressiver Unterton deutlich heraus zu hören.


Der Staatsanwalt hatte sich maliziös lächelnd zurückgelehnt, die Sache lief gut für ihn.


Der vorsitzende Richter und das hört sich nun nach einem Klischee, nach billigen Rachefantasien an, aber ich bin bereit darauf jeden Eid zu schwören, er hatte große Ähnlichkeit mit Dorfrichter Adam.


Dorfrichter Adam, gespielt von Heinrich George, in dem deutschen schwarz-weiß Film „Der zerbrochene Krug“, nach einer Erzählung von Heinrich von Kleist. Verfilmt irgendwann in den Vierzigern und ein Klassiker der Filmgeschichte.


Die Ähnlichkeit, der runde kahle Kopf, die gedrungen Gestalt, es war verblüffend und so um die 45 Jahre alt, deckte dieser Richter alles was ich an deutschen Männern hasse ab.


Selbstgefällig, aufgeblasen, hässlich, peinlich, schmierig, dümmlich und natürlich … immer-brünstig.


Auf fünf Tage war die Verhandlung angesetzt und 28 Zeugen waren geladen, aber und schon zu Beginn des ersten Tages, sah ich in den Gesichtern des Verteidigers sowie meines Papas, Hoffnung gleich Null.


Und obwohl Papas Blick häufig zu mir wanderte, immer dann Optimismus ausstrahlte, lächelte, wusste ich es war Verzweiflung pur.


Die Anklage, Steuerhinterziehung in Millionenhöhe.

***

„Fräulein Rebecca, ich will Ihnen nichts vormachen, die Sache steht nicht gut. Die Beweislage, nun wie soll ich sagen, bei einem anderen Vorsitzenden, wären fünf Jahre nicht utopisch, aber dieser Herbert Wallin, der Richter,...nun ja, … bekanntermaßen ein scharfer Hund bei Steuervergehen. Wir werden kaum mit Sympathien rechnen dürfen. Das Höchstmaß von zehn Jahren scheint nicht ausgeschlossen“, sprach Rechtsanwalt Bächelt eine Woche vor Verhandlungsbeginn in seinem Büro zu mir.


Rechtsanwalt Bächelt von der Kanzlei Nossy, der besten Kanzlei, spezialisiert auf Strafsachen, in Deutschland.


Hundertfünfzigtausend Mark hatte ich auf Papas Geheiß aus der Schweiz geholt und dem Anwalt ausgehändigt.


Er fuhr fort.


„Die einschlägigen Vorstrafen, die Schadensumme, um die 20 Millionen stehen im Raum, das wiegt natürlich alles schwer“.


Ich schüttelte den Kopf.


„Herr Bächelt mein Papa ist unschuldig. Er ist der anständigste Mensch den man sich überhaupt nur vorstellen kann und niemals könnte er irgend etwas Böses tun. Das ist völlig ausgeschlossen“.


Für eine Sekunde huschte ein Lächeln über sein Gesicht.


„Sicher sicher liebes Fräulein Rebecca, ich glaubs gern, dass Sie ihren Herrn Vater so sehen, trotzdem können wir nicht unsere Augen vor den Tatsachen verschließen“.


„Tatsachen? Was für Tatsachen?“.


Er räusperte sich.


„Nun ja, die diversen einschlägigen Vorstrafen zum Beisp...“.


„Lügen, hundsgemeine hinterhältige Lügen sind das. Er ist unschuldig, unschuldig, verstehen Sie das nicht?“, meine Stimme wurde laut, schrill und aggressiv.


Er antwortete nicht und schweigend schauten wir uns eine Minute an.


„Kann man den Richter bestechen?“, als ich mich etwas beruhigt hatte.


„Einen deutschen Richter bestechen? Schwierig, aber ja, es ist nicht völlig unmöglich, die Summe wäre aber allerdings exorbitant“.


„Wie viel?“, fragte ich.


Er überlegte.


„Nun ja, sagen wir um die fünf, sieben Millionen, als erstes Angebot wären schon erforderlich“.


Er blätterte in den Akten.


„Sagen Sie Fräulein Rebecca, eine andere Frage, ich sehe hier, die Staatsanwaltschaft hat ihres Herrn Vaters geschiedene Frau, ihre Frau Mutter, als Zeugin geladen. Wie ist denn das Verhältnis der Beiden zueinander?“.


Es war als hätte jemand mir mit eine Ohrfeige verpasst.


Mutter in der Verhandlung?


Ich brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dieses alte Dreckstück würde Jauche kübelweise über meinen Papa auskippen.


Irgendwie war das der Tropfen der das Fass zum überlaufen brachte.


Ich flüchtete aus der Kanzlei und zurück in mein Appartement und begann zu weinen und zu trinken.


Weinen und saufen, saufen und weinen … und weinen.


Als ich keine Tränen mehr hatte, dann konkrete Zukunftspläne


Mein Leben war vorbei.

alt bist du aber nicht geworden,


nein,


also besser nochmal nachdenken?


Nachdenken worüber?


Nun ja...


ich kann und will nicht ohne ihn leben...


Verstehe, also?


Hochhaus, 20 Stockwerke, nur ein kleiner Schritt ins Glück...

Drei Tage verließ ich nicht meine Wohnung, reagierte auf keine Anrufe und auf kein Läuten an der Türe.


Hatte mir von einem nahen Supermarkt, zwei Stangen Gauloises ohne Filter, sowie einen Karton Alkohol(sechs Flaschen Johnny Walker Black Label) besorgt, den Schuhkarton mit Fotos aus dem Schlafzimmerschrank geholt und beim Betrachten der Bilder, betrank ich mich langsam, aber konsequent. Papa alleine, oder mit mir, auf keinem einzige war Mutter zu sehen. Es waren viele Fotos, bestimmt um die hundert. Über meine gesamte Kindheit und Jugendzeit verteilt, hätte auch ein neutraler Betrachter die große Liebe sehen, oder zumindest erahnen können, die uns verband.

Am dritten Tag, es war hell draußen und ich wach, lag aber in einer Art Umnebelung auf dem dicken Perser vor der Couch.


Leere Whiskeyflaschen um mich herum, überquellende Aschenbecher dito, nur die Fotos hatte ich sorgfältig in den kleinen Schuhkarton zurück gelegt, plötzlich Geräusche.


Jemand öffnete die Wohnungstüre und ich hörte eine Frauenstimme sagen: „Danke, ich brauch Sie nicht mehr“.


„Und Sie werden mich auch bestimmt anrufen?“, fragte eine Männerstimme.


„Natürlich“, antwortete Julia.


„Was willst Du hier, ich hab Dich nicht gerufen?“, fuhr ich sie unwirsch an.


„Geh, ich will allein sein“, sagte ich.


Erst heiß, dann kalt, dann wieder heiß, so duschte sie mich ab.


Danach einen großen und starken Kaffee.


Da ich seit drei Tagen nichts gegessen hatte, musste ich mich übergeben und Julia machte mir einen Toast, Schinken mit Ananas und Spiegelei.


„Einen „Strammen Max“, bitte sehr“, sagte sie, als sie mir den Teller hinstellte.


„Das ist kein „Strammer Max“, quengelte ich.


Ausgehungert verputzte ich trotzdem gierig die Mahlzeit und mit den Fingern glaubte ich noch die Krümel zusammen.

„Also erzähl mal, was ist los?“, fragte sie mich als es wieder etwas besser ging.


Und ich erzählte, erzählte ihr alles.


Julia schaute mich erstaunt an.


„Und das ist das Problem? Die schlaue Rebecca, anscheinend doch nicht so schlau,… Abiturienten werden wohl doch überschätzt“.


Sie lächelte.


Ich verstand sie nicht. Sie wusste wie sehr ich meinen Papa liebe und sie lacht. Wütend wollte ich sie anfahren, wollte sagen: „Ist ja nicht dein Papa, da hätte ich auch gut lachen“.


Jedoch, sie kam mir zuvor:


„Lass uns doch mal eine Denksportaufgabe daraus machen, ja?“.


Ich schaute verwirrt, verstand nicht.


Der Richter ist ein Mann?“ begann sie.


Ich nickte.


„Gut, sehr gut, ausgezeichnet. Nun weiter, was begehren fast alle Männer?“.


„Frauen?“, antwortete ich fragend.


„Genauer Rebecca, genauer“.


„Frauenkörper?“.


„Exactomundo“.


„Du meinst ich soll ihm Sex anbieten, auf dass er Papa freilässt? Das kannst Du vergessen. Er kennt mich vom beantragen der Besuchserlaubnis, er würde darauf nicht eingehen“.


„Das seh ich auch so, das würde nicht gehen“.


Wir schauten uns an.


„Ja“, sagte Julia nur.

ein starkes Gefühl der Dankbarkeit überkam mich.


Julia würde das tun, was sie am besten konnte, Männer hinter´s Licht führen, Männern ein X für ein U vormachen, Männer irreführen, Gefühle vortäuschen, das junge, naive, weltfremde Mädchen vorgaukeln...

„Wird es gelingen Julia?“.


Sie antwortete nicht sofort, überlegte.


„Das ist die eine Million Dollar Frage, ich werde mir jede Mühe geben, werd jeden unhygienischen Trick auspacken den ich kenne. Es gab nur wenige Männer bei denen

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Kommentare


HermX
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 208
schrieb am 17.05.2017:
»...warten wir mal ab...«

katrinkatrin
dabei seit: Feb '03
Kommentare: 358
schrieb am 18.05.2017:
»Ein spannender Anfang!«

FlorianAnders
dabei seit: Jul '16
Kommentare: 15
FlorianAnders
schrieb am 18.05.2017:
»Also, das verspricht auf jeden Fall mal ein spannende Geschichte. Die Gefühle der Protagonistin sind gut wiedergegeben, der Stil im Ganzen etwas fahrig. Manchmal wirkt er etwas grob bzw. oberflächlich, manchmal finde ich es erfrischend, dass es zumindest klar voran geht. Werde diese Story auf jeden Fall mal im Auge behalten.«



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