15.6.09, 21:53 - Betreff: Pornographiebegriff | |
icho21 Beiträge: 13/33 dabei seit: Apr '02 | Liebe Admins und juristisch bewanderte Sevac-Mitglieder, nachdem ich nun das Netz seit diesem Beschluss des Bundestages zur Jugendpornographie durchforstet habe, kommt immer wieder eine eindeutige Antwort von Parlamentariern und Rechtsanwälten zu tage: Wir sind hier nicht (mehr) gemeint! Schriftliche Pornographie ist - im Auge des Gesetzes - keine "echte Pornographie". Das ist zwar sprachlich ein wunderschönes Paradoxon - aber juristisch scheint es aktuell gängige Meinung zu sein. Die letzte Beschlagnahme wg. Pornographie in schriftlicher Form erfolgte gegen die Bravo in den 90ern. Seither anscheinend nichts mehr - oder habt ihr andere Hinweise? Schriftliche Pornographie scheint global in Deutschland als Kunst zu gelten. Wie schon geschrieben: Seit den 90ern keine Beschlagnahme mehr. Gibt es eine Möglichkeit, diese juristische Grauzone eindeutig klären zu lassen? Rechtsanwälte haben doch die Möglichkeit, einen juristischen Sachverhalt auf seine strafrechtliche Relevanz überprüfen zu lassen, ohne dass es einem Prozess kommt. Gibts das? Was kostet es? Würde sevac als Gemeinschaft so eine Überprüfung vornehmen lassen? Gebt bitte Bescheid. Grüße an das eifrig arbeitende Team Icho |
melden |
16.6.09, 16:17 Uhr | |
mondstern70 | icho21: Beweise??? LG Mondstern |
melden |
16.6.09, 18:26 Uhr | |
andreashave | ICHO21: Ich könnte mir vorstellen, dass elektronische Medien da eine etwas andere Gewichtung erfahren dürften als ausschließlich gedruckte Publikationen. Außerdem ist es äußerst schwierig, beim geschriebenen Wort eine Grenze zu ziehen - wann ist eine Geschichte erotisch, wann ist es eine Sex-Story und wann ein Porno-Epos. In meinen Augen dürften nur zwei Kategorien auf den Index: Inzest-Storys mit Beteiligung Minderjähriger und Gewaltverherrlichung. Dass wir auf diesem Board vor derartigem Dreck bewahrt werden, na, dafür haben wir fleißige und gewissenhafte Einleser. LG Andrea |
melden |
17.6.09, 13:49 Uhr | |
Aramis Beiträge: 218/1403 dabei seit: Nov '98 | Servus icho, Du hast sicherlich nicht ganz unrecht. Es geht aber in den einschlägigen Paragraphen des Strafgesetzbuches immer um pornographische Schriften. Einen eindeutigeren Wortlaut bzgl. Pornographie in Textform kann es kaum geben. Jeder Staatsanwalt - und sei er noch so talentfrei - wird es im Zweifelsfall problemlos hinbekommen eine Klage zu erheben. Was dann der Richter dazu sagt, ist völlig offen. Gut möglich, dass er sich Deiner Ansicht anschließt. Ist er allerdings anderer Meinung, wird's unangenehm. Sollte sich die Ansicht in den Kommentaren zum StGB durchsetzen, wäre ich der erste, der glücklich aufjauchzte. Du kannst Dich ja mal an die entsprechenden Kommentierungs-Bearbeiter der entsprechenden Paragraphen wenden. Aramis PS: Ich bin sowieso der Meinung, dass wenn sich jemand für erotische Geschichten interessiert und nicht "ihh das ist ja eklig" denkt, er oder sie "soweit" ist. Aber das nur am Rande. |
melden |
20.6.09, 01:07 Uhr | |
icho21 Beiträge: 13/33 dabei seit: Apr '02 | Hi, als Beleg führe ich hier das Rechtsgutachten der Ruhruniversität zur Gesetzesnovelle an: http://www.bundestag.de/ausschuesse/a06/anhoerungen/archiv/21_kinderpornographie/04_Stellungnahmen/Hoernle.pdf Dort steht: 2. Fiktionale Darstellungen Das bestehende Verbot der Verbreitung kinderpornographischer Schriften in § 184b Abs. 1 StGB gilt nicht nur Produkten, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, sondern auch solchen, die ohne den Einsatz realer Kinder produziert wurden. Geht es um Kinderpornographie, lassen sich für das Verbot fiktionaler Darstellungen möglicherweise stichhaltige Begründungen finden (Nachahmungsgefahr; Stimulation der Nachfrage, wenn echte und fiktionale Produkte auf demselben illegalen Markt gehandelt werden). Vor allem bei wirklichkeitsnahen Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern sind solche Überlegungen plausibel. Derartige Begründungsversuche versagen jedoch, wenn es um den neu zu schaffenden Sektor der Jugendpornographie geht. Der einzige Grund, warum die Herstellung und Verbreitung von Jugendpornographie überhaupt als strafbares Vergehen eingeordnet werden kann, liegt darin, dass Jugendliche zu ihrem eigenen Schutz von Darstellerrollen abgehalten werden sollen. Bei Medien, die ohne reale Darsteller auskommen, entfällt dieser Grund. In einem pornographischen Roman, in Zeichnungen oder in einem durch Animation hergestellten Film sexuelle Handlungen von Jugendlichen zu schildern, stellt deshalb kein Unrecht dar. Ein Manko der geplanten schlichten Gleichsetzung von kinder- und jugendpornographischen Schriften liegt darin, dass dieses Problem übersehen wurde. Die Aufnahme fiktionaler Jugendpornographie wird auch nicht durch den Europäischen Rahmenbeschluss vorgeschrieben. Erkennbar fiktive Produkte (Romane, Zeichnungen) unterfallen ohnehin nicht der dort verwandten Definition von Kinderpornographie (s. Artikel 1 Buchstabe b), und für Mediendarstellungen, die nur realistisch dargestellte, aber nicht echte Kinder zeigen (Artikel 1 Buchstabe b Ziffer iii) überlässt es Artikel 5 Absatz 4 den Mitgliedsstaaten, nicht strafrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen einzusetzen. Zum selbigen Tema kann jeder, der etwas intensiver bei Google forscht, auch Stellungnahmen von Parlamentariern finden. SEVAC IST KEIN VERBREITER VON STRAFRECHTLICH RELEVANTER PORNOGRAPHIE, sondern ein Forum, in dem erotische Literatur ausgetauscht wird. Ich bin gerne bereit, eine strafrechtliche Überprüfungsklage der Verantwortlichen von Sevac mitzufinanzieren. Gruß Icho |
melden |
26.6.09, 11:10 Uhr | |
Aramis Beiträge: 218/1403 dabei seit: Nov '98 | Hallo Icho, die Anhörungen in den Ausschüssen, die zu Gesetzesvorlagen stattfinden und Aussagen von Parlamentariern sind völlig irrelevant (es sei denn, es gibt Schwierigkeiten bei der Auslegung von Normen bzw. Begriffen; eine Definition von "Pornographie" gibt es aber durchaus). Einzig und allein, was am Ende als Gesetz verabschiedet wird, ist Beurteilungsmaßstab. Die Tatbestandsmerkmale "Schriften" und "Verbreiten" sind auf jeden Fall gegeben. Es hängt alles am Pornographiebegriff. Die Fragestellung ist demnach, ob es sich bei den hier veröffentlichten Geschichten um pornographische Schriften handelt. Diese Frage lässt sich allgemein gar nicht beantworten, vielmehr muss das bei jeder Geschichte einzeln geprüft werden. Folgt man der herrschenden Meinung (und auch der Rechtsprechung) wird man bei vielen Geschichten zum Ergebnis kommen, dass es sich nicht um pornographische Schriften i.S.v. §§ 184 ff. StGB handelt. Dies wird aber nicht immer der Fall sein. Die Grenzziehung wird im Einzelfall sehr schwierig sein. Deine Karriere-Geschichte ist z.B. wohl keine Pornographie, zumindest nicht, wenn sich ein Staatsanwalt aus Berlin das Werk zu Gemüte zieht. Ob das bei einem bayrischen Kollegen (und dann auch Richter) auch der Fall ist... wer weiß. Was Du mit der strafrechtlichen Überprüfungsklage meinst, ist mir nicht ganz klar. Aramis |
melden |