23.5.13, 10:43 - Betreff: Eigentor | |
Why-Not | Eigentor Zitternd wartete sie im Hotelzimmer. Nackt und mit verbundenen Augen, wie er es von ihr verlangt hatte. Plötzlich hörte sie Schritte. Ist er das? Oder ein Fremder? ... „Aargh!“ Ich klicke die Story weg. Mag ja sein, daß sie später diesen abgedroschenen Plot verläßt. Aber wahrscheinlich erzählt sie zum tausendsten Mal dieselbe Geschichte. Vielleicht sollte ich selbst mal wieder eine Kurzgeschichte schreiben. Aber zu welchem Thema? Die meisten Geschichten sind schon viel zu oft erzählt worden. Schließlich will ich nicht, daß es anderen Lesern so geht, wie mir gerade mit diesem Text. Für eine komplexe Handlung ist eine Kurzgeschichte zu klein. Eine echte, erlebte Session vielleicht? Nein, das wird nichts. Auch wenn sie für mich toll war, in der Nacherzählung wird sie schnell fade. Ich beschreibe ja auch nicht ausführlich, wie es war, als ich neulich ein zartes Filetsteak gegessen hatte. Oder doch? ... Bereits der Duft des gegrillten Steaks ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. Ich schnitt ein kleines Stück ab, wobei das Messer fast ohne Kraft durch das zarte Fleisch glitt. Leicht tunkte ich es mit der Gabel an einer Seite in die goldgelbe Sauce Bernaise und hielt es mir unter die Nase. Beim langsamen Einatmen konnte ich in der Mischung der Gerüche noch die Butter, die Crème Fraîche, das leicht stechende Aroma des enthaltenen Senfs und des Zitronensafts erkennen. Überlagert wurde dies mit dem kräftigeren, leicht bitteren Geruch des gegrillten Fleisches. ... Nein, lassen wir das. Beim Nacherzählen von Erlebtem kommt mir gleich die fiese Assoziation des ‚therapeutischen Schreibens’ in den Sinn. Nicht, daß das per se etwas Schlechtes wäre. Aber für Unterhaltungsliteratur ist diese Bezeichnung so ziemlich das gemeinste Etikett, das man ohne Kraftausdrücke vergeben kann. Es müßte schon etwas ganz anderes sein. Die dramatische Schilderung einer mißlungenen Session vielleicht? Nein, ich will meine Leser unterhalten, nicht deprimieren. Der Text müßte spannend sein und eine Pointe haben. Jetzt ist es wieder passiert. Mit diesen Erwartungen habe ich mir eine wunderbare Schreibblockade aufgebaut. Herzlichen Glückwunsch. Tja, es ist halt leichter, über die Texte anderer zu lästern, als es selbst besser zu machen. Na gut, dann schreibe ich einfach einen Text über die Widrigkeiten, eine Kurzgeschichte zu verfassen. © 12/2012 Why-Not |
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23.5.13, 14:24 Uhr | |
EviAngel | Why-Not: ... die Türglocke schrillte. 'Wer stört denn jetzt?', leicht irritiert ging ich zur Tür. Davor stand ... " Schreibblockaden sind doch eigentlich nur die vornehme Umschreibung für 'Mir fällt nix ein!' oder 'Ich hab keinen Bock zu schreiben'. Vielleicht kannst du mit der Steak-Geschichte etwas anfangen? Steht vielleicht eine Frau vor der Tür? Oder der Mann der Frau, der du gerade an diesem Nachmittag die Freude und die Lust am Schmerz gezeigt hast? Oder jemand von der Lottogesellschaft, der dir den Gewinn überbringt und du lässt das Steak Steak sein und brichst in die große weite Welt auf? Gruß Evi |
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29.5.13, 22:42 Uhr | |
Why-Not | Hallo Evi, zunächst mal vielen Dank für die Anteilnahme. Die Situation gab es im vergangenen Dezember. Kurz darauf entstand dann die Story, die jetzt seit fast zwei Wochen bei Sevac steht. Und im Moment läuft es mit der nächsten (hoffentlich) großen Story ganz gut. EviAngel: Bei mir entsteht eine Schreibblockade erfahrungsgemäß dann, wenn ich meine Latte (gemeint ist die Meßlatte) so hoch hänge, daß ich vor lauter Qualitätsanspruch paralysiert bin. Kein Bock auf Schreiben ist was anders. Das gibt's bei mir oft beruftsbedingt. "Mir fällt nichts ein" kann eine Folge der Blockade sein, muß es aber nicht. Als ich gemerkt hatte, daß viele meiner früheren Stories einem bestimmten Muster folgen, wollte ich das bei der nächsten natürlich vermeiden - und hatte erst mal keine Idee, wie. Aber eigentlich wollte ich mit dem kleinen Text nur zeigen, daß es (auch mir) leichter fällt, über eine Geschichte zu lästern, als es besser zu machen. Why-Not |
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29.5.13, 22:57 Uhr | |
EviAngel | Why-Not: Die Situation gab es im vergangenen Dezember. Joh, cool. Warum postest du sie im Mai? Wolltest du ein wenig herumjammern? Ist dir langweilig? Ich hätte da einen Korb mit Bügelwäsche!? Gruß Evi |
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31.5.13, 02:43 Uhr | |
Why-Not | EviAngel: Sollte ich mal Trost oder Arbeit wollen, kann ich mich ja vertrauensvoll an Dich wenden. Warum stelle ich einen Text (keine Frage, keine Antwort) irgendwo ein? Weil ich davon ausgehe, - es könnte jemanden interessieren. - es könnte sich jemand wiedererkennen. - es könnte jemanden amüsieren oder sonstwie unterhalten. - es könnte jemanden zum Nachdenken anregen. - ... Und was den Zeitpunkt betrifft: Der Text stand noch in meinem Verzeichnis für unfertige Geschichten und ich bin über ihn gestolpert, als ich mit einer neuen anfing. Meine jüngste Sevac-Story (Wir müssen reden) habe ich vor ein paar Wochen eingestellt, weil mir gerade danach war. Und mein letztes Buch kam Anfang 2012 heraus, weil es der Verlegerin zeitlich so gepaßt hatte. Es gibt immer irgendeinen Grund. Aber er ist nicht immer wichtig. Why-Not |
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31.5.13, 06:29 Uhr | |
Leichtgewicht | Was das Wiedererkennen betrifft ... Meine letzte Schreibblockade hatte ich um Weihnachten und war ungefähr drei Monate nicht in der Lage einen vernünftigen text zu schreiben. Nur das Überarbeiten ging noch. Die Ursachen sind immer dieselben. Irgendetwas Wichtiges drückt sich dazwischen und beansprucht alle Gedanken. Da bleibt dann kein Platz mehr für schöne Ideen. Mittlerweile fließt es wieder. Viel Erfolg wünscht das Leichtgewicht |
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31.5.13, 19:32 Uhr | |
EviAngel | Why-Not: Dass man hier stets und ständig kluggescheißert wird, daran werde ich ich mich wohl nie gewöhnen. Ich hab gedacht, es sei ein normaler Dialog zwischen Autoren. Sorry, da habe ich mich vertan. Für mich ist der Ausdruck 'Schreibblockade' ein wichtigtuerischer Nonsens, ähnlich gehaltvoll wie 'Waldsterben' 'Ozonloch' oder gar 'Klimaerwärmung'. Bedeutet also nichts, ist ohne Relevanz. Man könnte ein solches Ereignis mit 'Ich hab keine Idee' '... kein Thema', '... keine Lust' '... Wichtigeres zu tun' beschreiben. Dagegen hilft Geduld oder ein Einfall, Tapetenwechsel, Urlaub oder ein Tritt in den Allerwertesten. Das ist meine Sicht des 'Problems'. Gruß Evi |
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31.5.13, 20:37 Uhr | |
Krystan | EviAngel: Ok ... Genau, Ozonloch ... sehe ich nicht, gibts nicht ... oder wie? http://de.wikipedia.org/wiki/Ozonloch Waldsterben war mal ein reales Problem in der Zeit, als es in Europa große Industrien ohne Schwefelfilter gab. Mit der Einführung von Schwefelfilter haben sich die Wälder auch wieder erholt. Es besteht also noch Grund zur Hoffnung. Auch für Menschen mit Schreibblockade. Und wenn alles nichts hilft, dann hör dir einfach mein Lieblingsantischreibblockadelied an. http://www.youtube.com/watch?v=j7lp3RhzfgI |
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31.5.13, 21:22 Uhr | |
EviAngel | Krystan: Und wenn alles nichts hilft, dann hör dir einfach mein Lieblingsantischreibblockadelied an. Höre es dir selbst an. Du scheinst keine eigene Meinung zu haben, das komplettiert das Bild, das ich von dir habe. Bevor ich auf deinen Rat höre, den du hier überall ungefragt großflächig verteilst, frage ich lieber OpenOffice oder den Duden. Es schlägt echt dem Fass die Krone ins Gesicht, dass du Ratschläge verteilst, die du selbst nicht befolgst. Das ist so ziemlich der Gipfel der Klugscheißerei. Leute, die unter einer Schreibblockade zu leiden vorgeben, sind meiner Meinung nach nicht ganz ernst zu nehmen. Das ist, glaube ich, die richtige Art, mit dem Quatsch umzugehen. Gruß Evi |
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31.5.13, 22:18 Uhr | |
Krystan | EviAngel: Woraus schließt du das? Wer eine Behauptung aufstellt, sollte auch eine Begründung liefern. Du weißt schon, Deutschunterricht. Behauptung, Begründung, Beispiel, Beweisführung. |
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31.5.13, 22:39 Uhr | |
mondstern70 | Hi Why Schreibblockaden sind echt blöd. Du solltest dich wirklich mal zusammenreißen und endlich die Massen begeistern. Ich schlage ein Epos über eine junge Krankenschwester (wahlweise: Lehrerin) vor, die im viel zu kurzem Minirock den Männern den Kopf verdreht und sich dankbar in jede nur erdenkliche Körperöffnung penetrieren läst. Dazu ein paar Kraftausdrücke und die Karriere geht bergauf. Maximale Länge würde ich auf 3 Sevac Seiten festlegen und mit „Fick im Krankenhaus – der erste Tag (alternativ: … Schule …) betiteln. Mach aus dem Epos einen 365-teiler und dein Ruhm und Ansehen wird ins Unermessliche steigen … Schreib jeden Tag eine Episode und du wirst gar keine Zeit mehr haben dich um Latten zu sorgen … LG Mondstern PS. Danke für deine unterhaltsame Kurzgeschichte |
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31.5.13, 23:30 Uhr | |
Why-Not | Schön, daß einigen Lesern/Antwortern mein Text etwas gebracht hat. Ich habe durch diesen Thread folgende Erkenntnis wieder auffrischen können: Bei manchen Menschen ist es gar nicht nötig, sie als <zensiert> zu entlarven. Es reicht, wenn man ihnen Gelegenheit läßt, es selbst zu tun. |
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31.5.13, 23:42 Uhr | |
Why-Not | mondstern70: Endlich sehe ich den Weg zum Ruhm vor mir. Ich versuch's gleich mal:
Nee, das geht leider nicht. Dazu kenne ich mich zu wenig mit Hunderassen (Möpse, Pudel, ...) aus. Tja, dann wird das wohl doch nichts mit dem Ruhm. Why-Not (versucht's erst mal mit Rum) |
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1.6.13, 06:34 Uhr | |
Leichtgewicht | Why-Not:mondstern70: Guten Morgen Why-Not leider gibt es kein Patentrezept gegen Schreibblockaden, weil das sehr viel mit dem eigenen Kreativitätsprozess zu tun hat. Herrmann Hesse, auch so eine Dumpfbacke, der man nur in den Hinter hätte treten müssen, hat es sogar mit Drogen und Verkleidungen versucht. Ich habe nur gmerkt, dass ich es mit Willensanstrengungen nicht schaffe. Die Texte, die ich dann produziere, taugen nicht mehr viel. Das liegt aber daran, dass ich einen flow brauche zu Schreiben. Wenn ich keine Lust habe, zum Schreiben, lasse ich es mittlerweile ganz. Bestenfalls redigiere ich alte Texte. Wenn die Lust zurückkommt, und ich neue Ideen für Geschichten habe, mir aber die Kraft zur Umsetzung fehlt, spiele ich mit den Ideen herum. Irgenwann geht es wieder. Ich muss aber auch sagen, dass ich seit Jahren Logbuch schreibe. Das hält mich im Schreibprozess Da gibt es ein Buch "Was machen Sie eigentlich mit Ihren Gedanken?" Das könnte helfen. Mehr fällt mir dazu so früh am Morgen nicht ein. Liebe Grüße Leichtgewicht |
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2.6.13, 20:34 Uhr | |
Coy | Ich finde, Kreativität kommt in Schüben. Bei manchen ist es so regelmäßig wie die Atmung. Praktisch an jedem Tag (am Punkt des tiefsten Einatmens, wo immer der laut individuellem Rhythmus auch liegt) lässt sich was abrufen. Und weil manche Leute flacher und andere tiefer atmen, kommt auch mehr oder weniger Aufsehenerregendes dabei raus. Andere sind eher wie Ebbe und Flut. Manchmal ganz leer und dann wieder so übervoll, dass sie fast platzen. Und wieder andere sind wie der Mond mit langen, zyklischen Phasen. Aber es gibt auch welche, bei denen ist die Muse wie ein Regenschauer in der Sahara. Extrem selten, aber wenn sie kommt, dann gibts nen Augenöffner. Und wieder andere sind eher wie die Wüste Gobi und da kommt nie was, während ihre Gegenstücke das ganzeJahr über Regenzeit haben... Naja.. Ich denke, ich kann die Metapher hier stoppen, bevor ich mich verrenne. Schlimmer als Schreibblockaden, die jeder mal irgendwie hat, egal wie er oder sie es nennt, finde ich, es nicht zu erkennen. Wenn man auf Krampf versucht, trotz Blockade zu produzieren, wird das meistens suboptimal. Deswegen richtig diagnostizieren und dann in kreativer Hinsicht einfach krank feiern und es genießen. |
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