6.10.04, 06:01 - Betreff: BDSM Geschichten | |
skorpio54 Beiträge: 1/0 dabei seit: Aug '02 | Hallo Leute, Es würde mich mal interessieren warum soviele Geschichten über BDSM geschrieben und auch gelesen werden !!!!! Gut: Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Auch ich hab meine Fetische und geheimen Gelüste. Aber jedwede Art von Gewalt oder Unterdrückung einer "geliebten" Person, Fesselung etc. Diese Art von "Liebe" verstehe ich nicht. Dies soll jetzt keine Verurteilung sein, steht mir beileibe nicht zu !!! Aber mich würde wirklich interessieren warum Männlein wie Weiblein auf solche Art von Spiele stehen können. Mein sexuelles Spectrum ist sicher nicht klein: Von Dreier bis Orgie bis Spannen und Sex in der Öffentlichkeit -- alles OK. Aber ich kann mir nicht vorstellen was geil an einer Tracht Prügel sein soll. Sind das wirklich alles verdrängte Kindheitserlebnisse, Direktoren die gern unterwürfig sind, oder ist das nun nur BILDzeitung Geschwätz von mir. Ich weiss es nicht und hoffe hier auf meine Frage mal ein paar gute Antworten zu bekommen. |
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7.10.04, 12:30 Uhr | |
Hiltrude Beiträge: 6/74 dabei seit: Dez '00 |
Hallo, spannende Frage8 und anscheinend schwierig, weil ja noch gar keineR reagiert hat ): ich werde mal versuchen, zu erklären, wieso ich persönlich diese geschichte auch! gerne mal lese, ohne daß die Praktiken eine Rolle in meinem eigentlichen leben spielt ... Ein Grund ist vor allem die gefühlsebene, die bei guten BDSM-Geschichten dargestellt wird...und nur so am rande, eine tracht prügel beschreibt dieses beileibe nicht :o)) aber wieso lesen wirklich so viele diese Stories? Eine Erklärung, die auch wohl auf mich zutrifft, ist folgendes: In einer pluralistischen geslelschaft, wo du tausend Dinge gleichzeitig beachten mußt, viele Dinge gleichzeitig regeln und kontrollieren , immer souverän sein mußt, tut es man/frau einfach mal gut, die kontrolle abzugeben und sich nur auf das eine konzentrieren zu können... Dzu sprichst von fetischen, welche sind es bei dir? lebst du die auch aus? ich denke, daß der mechnismus der gleiche ist...oder? soweit erst einmal... Hiltrude |
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9.10.04, 02:34 Uhr | |
voodoo_23 Beiträge: 1/1 dabei seit: Mai '04 |
Zu dieser schwierigen Frage geb ich jetzt mal meine laienhafte Theorie zum Besten: Vielleicht ist ja in unser tiefsten Natur ein Schema Dominanz/Unterwerfung angelegt, was noch aus der frühen Entwicklungsgeschichte der Menschheit stammt. Viele in Horden lebende Säugetiere organisieren ihre Gruppen über solche Strukturen, vor allem auch Primaten, also Affen. Bei Hunden kann man das ja ebenfalls ganz deutlich beobachten. Je nachdem, wie man dem Hund begegnet, nimmt er eine devote oder dominante Position ein, prinzipiell sind beide Muster in ihm angelegt. Im Rudel geht es dabei vor allem auch um Paarungsvorrechte, ist also von Vornherein verbunden mit einem sexuellen Aspekt. Ich finde es ganz naheliegend, daß es sowas auch beim Menschen gibt (gab) und daß es noch als potenzielles Verhaltensmuster in unseren Stammhirnen steckt, dort, wo auch andere Triebe beheimatet sind (z.B. Sexualität). Wenn man von dieser Theorie ausgeht, muß man auch davon ausgehen, daß diese Dominant/Devot-Muster in einen gewissen Konflikt zu unserem modernen Menschenbild, zu unserer zivilisierten Welt tritt. Devot kann man hier nur noch indirekt sein. In unserer Kultur billigt man selbst dem tief Unterworfenen noch einen würdigen Umgang zu (Niemand muß wirklich vor dem Chef auf dem Boden kriechen und ihm die Schuhe lecken). Nach der aufklärerischen Vorstellung vom "freien" Individuum müßte ein Gedemütigter leiden, statt es zu genießen. Ist es aber tatsächlich ein Trieb, wie ich glaube, dann muß auch seine Befriedigung mit einem Positivgefühl verbunden sein. So könnte man erklären, daß ein Genuß darin liegen kann, gedemütigt zu werden. Die Verbindung zur Sexualität erkäre ich mir so: Bei den meisten höreren Tieren ist die Phase vor dem Paarungsakt mit einem Ablauf aus Rollenspielen verbunden. Meistens werden verschiedene Verhaltensmuster, die für das Tier im Alltag typisch sind, abgerufen: Drohgebärde, Flucht, Jagt, etc. Das ist eine Art Check, daß die beiden Partner gesund sind. Erst, wenn dieser Paarungstanz (z.B. bei manchen Vögeln) vollständig durchlaufen wurde, kommt es zur Paarung. Offenbar ist in diesem Zusammenhang das Durchspielen typischer Verhaltensschemen mit sexueller Erregung verbunden. Und die Menschen? Hier werden halt im Vorfeld der Paarung die typisch menschlichen Verhaltensmuster durchgespielt, und das können Rollenklischees sein wie Eltern-Kind-Spiele, Jäger-Beute-Spiele, Herrchen-Hund-Spiele, Pony-Reiter-Spiele, Sub-Devot-Spiele, und was es sonst noch so gibt. Ich glaube, das SM-Phänomen steckt in allen Menschen, wenn auch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ich glaube nicht an die Theorie mit den schlecht verarbeiteten Kindheitserinnerungen. Das ist nur der Versuch, unser schönes Menschenbild zu retten, und SM als Ausnahme zu pathologisieren. Nein, ich bin überzeugt, daß es ganz natürlicherweise in uns drin steckt, wir mögen es einfach, andere zu demütigen oder die Gedemütigten zu sein, auch, wenn dies unter einer dicken Schicht aus Zivilisation und Moralvorstellungen verborgen liegt. Den Konflikt mit unseren Wertvorstellungen können wir nur lösen, indem wir diese SM-Muster in Spielform ausleben, dann ist es ja "nicht echt". Übrigens: Wenn du dir nicht vorstellen kannst, was so toll daran sein soll, eine Tracht Prügel zu bekommen, dann überleg dir doch einfach mal, ob es dir vielleicht besser gefiele, eine Tracht Prügel auszuteilen. Na, wär das nicht vielleicht was für dich?^ |
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10.10.04, 13:07 Uhr | |
Why-Not | Hallo Skorpio, als jemand, der nicht nur SM-Stories schreibt, sondern SM auch praktiziert, muß ich da ja wohl antworten.
Zunächst mal gibt es seriöse Umfragen, nach denen ca. 8% der Bevölkerung SM-Neigungen haben. Das ist ja schon einmal eine ganze Menge. Wobei SM eine große Bandbreite hat und natürlich nicht jede(r) alles mag. Übrigens habe ich schon häufig den Kommetar bekommen, daß jemand zwar mit SM nichts am Hut hat, meine Stories aber trotzdem mag. (Falls Du es selbst ausprobieren möchtest, schau bitte nicht in meine kurzen Stories, die die SM-Gefühlswelt als gegeben voraussetzen.)
Zunächst mal hat SM mit Gewalt nicht viel zu tun. Gewalt erfolgt nicht einvernehmlich, SM-Praktiken dagegen schon. D. h. bei SM haben beide Akteure (der aktive und der passive) Spaß. Daß Du diese Art der Liebe nicht verstehst, ist nicht tragisch. Auch ich kann nicht jede Art der Liebe nachvollziehen. Der Reiz eines Quickies oder der von "Rudelbumsen" ist mir unklar, da mir dabei die aufmerksame Zuwendung fehlt. Trotzdem haben andere Spaß daran, und das ist völlig in Ordnung.
Ich könnte Dir jetzt beispielsweise im Zusammenhang mit Schmerzerotik etwas von freigesetzten Endorphinen erzählen, aber das wäre ohnehin nur ein kleiner Ausschnitt der Empfindungen. Es ist einfach so, daß für eine relativ große Minderheit (siehe oben) Schmerz, Demütigung, Hilflosigkeit oder Unterwerfung einen erotisch-sexuellen Reiz haben. Bei manchen in der aktiven, bei anderen in der passiven Rolle und bei nicht wenigen in beiden Rollen. Das läßt sich jemandem, der anders empfindet, so wenig erklären wie Homosexualität, Heterosexualität, die Vorliebe für Fisch oder Sahnetrüffel oder die Begeisterung für Free-Jazz. (Davon mag ich auch nicht alles.) Versuchsweise kannst Du Dir ja mal vorstellen, von einem für Dich attaktiven Sexualpartner ans Bett gefesselt zu werden, um Dich anschließend ganz langsam durch gezielte Stimulation an einen Orgasmus heranzuführen, ihn Dir aber erst nach einem Vielfachen der Zeit, die Du normalerweise "darauf hinarbeitest" gewährt. Oder, daß Du dieses Spiel mit Deinem bevorzugten Sexualpartner machst und die Macht spürst, die es Dir gibt, den Orgasmus immer weiter hinauszuzögern. Wenn diese Vorstellung für Dich einen Reiz hat, hast Du einen Blick in SM geworfen. Ausführlicher findest Du das in meinen Stories.
Also das mit den Kindheitserlebnissen ist Quatsch. Wobei sich auch viele SMer zu Anfang die Frage stellen, ob es einen Grund für ihre "Norm-Abweichung" gibt. Wenn man viele SMer fragt, ist die Menge der Mißbrauchs- oder Vergewaltigungsopfer (oder sonstwie traumatisierten) nicht größer als im Bevölkerungsdurchschnitt. Nur, daß sich ein "Durschnittsveranlagter" nicht fragt, ob seine Begeisterung für Blümchensex vielleicht daher kommt, daß er als Kind zu streng oder zu nachsichtig erzogen wurde. Ich persönlich gehe von einer angeborenen Veranlagung aus. Aber dazu gibt es keine seriösen, wissenschaftlichen Erkenntnisse. Aus der empirisch-statistisch vorgehenden Psychologie gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte für traumatische Erlebnisse als Ursache. Unsinnige Erklärungsmodelle kamen früher aus jenem Zweig der Psychologie, der sich erst aus eigener Anschauung eine Theorie zurechtgelegt hatte und dann von der Welt nur das betrachtete, was zu dieser Theorie paßte (insb. Freud). Heute kommen sie noch aus der "Sensations- und Hausfrauen-Psychologie" von RTL, BILD und Co., wobei dort die Einschaltquote/Auflage im Vordergrund steht.
Vielleicht hat Dir meine Antwort ja weitergeholfen, auch wenn ich Dir den Reiz von SM wahrscheinlich so wenig vermitteln kann, wie einem Vegetarier den Genuß eines Filetsteaks. Why-Not |
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10.10.04, 13:35 Uhr | |
Angelus- Beiträge: 15/408 dabei seit: Okt '02 |
Also ich finde das ne super gelungene Erklärung für SM LG Angelus |
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12.10.04, 19:09 Uhr | |
buesel Beiträge: 0/3 dabei seit: Jan '01 |
Sehr vereinfacht ausgedrückt: Wenn Dein Chef Dich ruft (und das ohne zwingenden Grund) schüttet Dein Körper im Regelfall auch alle möglichen Arten von Empfindungen aus. Oder? Du weißt nicht was passiert, Du weißt nicht warum es passiert, aber es es bringt Dich auf Touren, Oder? Ähnlich verhält es sich bei dem Thema BDSM nur viel stärker. Warum? Weil Du Dich im Regelfall auf den Partner verlassen kannst - Nicht so wie bei Deinem Chef |
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22.10.04, 21:48 Uhr | |
Why-Not | Hallo skorpioskorpio54: Konntest Du denn mit den Antworten etwas anfangen? Ist es für Dich jetzt nachvollziehbarer, warum es so viele BDSM-Stories hier gibt und warum sie auch gelesen werden? Why-Not |
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1.11.04, 10:45 Uhr | |
Schriftsteller | skorpio54: Eine Antwort, die nicht für jeden das gleiche bedeutet... aber letztendlich geht es dabei doch nur um den Sex der sich im Kopf abspielt.. auch wenn der Körper dabei sehr in den Mittelpunkt rückt leider gibt es in der Bevölkerung fast nur falsche Interpretationen dazu. Mein Buch Rosa Negra befasst sich auf über 250 Seiten um den Einstieg eines Paares in dieses Thema Mein nächstes Buch, wird wohl eher eine Art Sachbuch werden: Die Macht der Devotion - Die Unterwürfigkeit der Dominanz wenns dich interessiert, schau doch mal rein: www.rosa-negra.de Rob |
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5.11.04, 22:17 Uhr | |
lotus123 Beiträge: 1/11 dabei seit: Jul '04 | skorpio54: Wie hier schon mehrfach angemerkt wurde hat SM nicht umbedingt mit körperlicher Gewalt zu tuen. Mich erregt es zum Beispiel unhemlich in der Situation des ausgelieferten zu sein und den Befehlen oder Wünschen des anderen zu gehorchen. Ich bin im alltäglichen Leben weder schüchtern noch devot, habe noch nicht wirklich ernsthaft darüber nachgedacht ob dieses devote in mir ein Problem sein sollte. Es muß auch nicht immer SM sein, ganz normalen Sex, wie auch immer, finde ich ebenso erregend. Die Menschen sind halt vielschichtig, eine große Anzahl zumindest. Ich denke alles was aus freien Stücken geschieht ist OK. |
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17.11.04, 18:37 Uhr | |
engelshexe Beiträge: 1/23 dabei seit: Okt '03 | Ich denke einfach auch, dass SM eine ganz gewöhnliche sexuelle Neigung ist. Mit Gewalt hätte es nur dann was zu tun, wenn der Partner mit dem Tun nicht einverstanden ist, daher ist es einfach eine Vorliebe, die andere nicht teilen müssen. Mir persönlich ist es z.B. auch ein Genuss wie eine kleine billige Straßennutte behandelt zu werden und dabei kommt gern auch mal ein heftiger Klaps drin vor und so...es ist einfach eine Art Rollenspiel, das halt ein wenig härter ausfällt. Wer denkt, dass SM unnatürlich ist, der sollte sich auch die Frage stellen, ob Analsex irgendetwas natürliches hat...selbst Selbstbefriedigung ist dann ja im Grunde genommen was unnatürliches...alles ist ja kein "normaler" Sex...will damit dafür plädieren, dass man SM ganz einfach als sexuelle Neigung abtut und nicht als Abart. Ich wollt auch noch was zu den 8 % sagen. Ich glaube das weit mehr Menschen auf sowas stehen würden, wenn es nicht so verpöhnt wäre. In meiner Schule weiß beispielsweise nur eine Freundin davon, dass ich auf so etwas stehe, die meisten anderen könnten damit nichts anfangen und würden mich für abartig halten... |
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