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Thema14.12.12, 18:45 - Betreff: Kritksuche
Lutassa02
Beiträge: 2/8
dabei seit: Feb '12
Lutassa
In meiner Vorstellung habe ich schon mein Interesse am Austausch über das Schreibhandwerk angesprochen. Als noch lernender Autor bin ich an jeder Kritik interessiert, sowohl was ich verbessern muss, als auch was bleiben soll. Hiermit möchte ich den Anfang machen.


Die einsame Bucht am Meer

Inspiration:
Bei einer Dienstreise zur Ostsee ging ich durch den Hafen und es kam mir eine Tramperin entgegen. Ihr waren die Strapazen der Reise anzusehen. Später sah ich sie noch einmal unbekümmert auf der Kaimauer sitzen. Ihr Erscheinungsbild beeindruckte mich und abends, als ich alleine am Strand saß, begann die Geschichte in meinem Kopf. Sie verfolgte mich die gesamte Reise und setzte sich auch Zuhause fort.

Entstehung/Veränderung:
In der 1.Person als Erzähler geschrieben, erlebte ich die Situationen beim Schreiben, also schrieb ich in der Gegenwart. Zeitgleich mit der Korrektur von „Mein neues Leben mit einer anderen Kultur“ schrieb ich die Geschichte um und setzte dabei viele Tipps von dem Korrekturleser ein, so auch Änderung in die Vergangenheit. Erst kurz vor der Veröffentlichung änderte ich Biankas Wutausbrüche ins Bayrische. Warum sie aus Bayern kommen musste, weiß ich bis heute nicht.

Soviel zu der Entstehung, nun hoffe ich auf eine rege Diskussion, an der sich nicht nur Autoren, sondern auch Leser, beteiligen sollen.
Beitrag15.12.12, 09:17 Uhr
Leichtgewicht
Beiträge: 20/816
dabei seit: Mär '10
Leichtgewicht
Lutassa02:
In meiner Vorstellung habe ich schon mein Interesse am Austausch über das Schreibhandwerk angesprochen. Als noch lernender Autor bin ich an jeder Kritik interessiert, sowohl was ich verbessern muss, als auch was bleiben soll. Hiermit möchte ich den Anfang machen.

Soviel zu der Entstehung, nun hoffe ich auf eine rege Diskussion, an der sich nicht nur Autoren, sondern auch Leser, beteiligen sollen.


Ich fang mal an. Schließlich habe ich ja auch klar gemacht, dass ich einen solchen Austausch für sinnvoll halte. Verbessern wollen wir uns doch alle - hoffe ich.
Ich muss es allerdings häppchenweise machen. Alles auf einmal schaffe ich zur Zeit nicht.



Es war wieder so ein anstrengender Tag. Den ganzen Tag hatte ich Besprechungen im Hauptsitz meiner Firma. So manches Mal gingen mir diese regelmäßigen Dienstreisen nach Kiel auf den Geist. Ich wohnte zwar immer First-Class, aber das war kein Vergleich mit dem Leben zu Hause. Für meine abendliche Freizeit hatte ich hier inzwischen eine kleine Bucht entdeckt, in der sich dann kaum jemand aufhielt. Hier konnte ich auf einer Bank sitzen und bequem auf einem Tisch meine Post bearbeiten. So schaltete ich mein Notebook ein und vertiefte mich in meine elektronische Post. Keine Menschenseele war hier, und obwohl die Bucht nur zehn Minuten vom Hotel entfernt lag, wurde die Ruhe nur durch das Meeresrauschen gestört. Bei einer Pause schloss ich die Augen und ließ die Sonne in mein Gesicht scheinen.

Da hörte ich schräg hinter mir ein leises Schluchzen. ‚Ich bin doch heute alleine hier’, dachte ich und schaute mich um. Am Ende des Weges auf der letzten Stufe saß ein kleines Bündel Elend. Es hatte den Kopf auf die Arme gelegt und war weinte. Ich sah sie mir genauer an. Auf ihren Rücken hatte sie einen Rucksack, der größer wirkte als die Trägerin. Ihr Kopf war mit einer Baseball-Kappe bedeckt, aus der hinten schwarze strähnige Haare schauten. Ihr verschwitztes T-Shirt endete knapp über ihren Shorts. Die ersten Tränen tropften auf ihre verstaubten Beine und hinterließen dunkle Streifen, bis sie von ihren kleinen, schmutzigen Turnschuhen aufgenommen wurden. Ich schätzte sie auf ca. 20 Jahre.



Der erste Abschnitt erscheint auf den ersten Blick in Ordnung. Er liefert einige Hintergrundinformationen und ist aus meiner Sich annehmbar geschrieben. Allerdings ist er für mich langweilig. Es ist immer besser ihn so zu schreiben, dass er den Leser in die Geschichte hineinzieht. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten das zu tun:
Ein erster Satz, der aufhorchen lässt, die Erarbeitung einer ganz besonderen Atmosphäre oder Stimmung, ein Sprung in die Handlung hinein etc.
So wie der zweite Absatz weitergeht, bietet sich der Weg über eine ruhige, besinnliche Atmosphäre an. Da stören dann aber die Info-Sätze. Vielleicht ist es für Dich überlegenswert, Deinen Prota Friede und Ruhe fühlen zu lassen durch das, was da in der Natur geschieht.

Der zweite Absatz gefällt mir weniger. Der erste Satz plumpst in den Absatz hinein, und der Gedanke des zweiten Satzes klnigt unbeholfen. Denkt jemand diesen Satz? Die Funktion des Absatzes scheint mir die Charakterisierung der Frau zu sein. Beschreibungen charakterisieren, aber langweilen meist den Leser. Es git andere Möglichkeiten das zu umgehen. Die beste ist über Handlungen zu gehen. Viel bietet sich hier nicht an, da das Mädchen still sitzt und weint. aber sie kann sich mit dem Ärmel den Rotz vom Gesicht wischen, die Kappe tiefer ins Gesicht ziehen etc. Alles ist erlaubt, was der Szene die Statik wegnimmt.

Man kann das alles auch anders sehen und machen. Ganz wichtig für diesen thread ist: Ich gebe hier eine Meinung und ein Gefühl ab. Es ist kein Urteil und erst recht nicht die Wahrheit.

Liebe Grüße
vom Leichtgewicht
Beitrag18.12.12, 18:58 Uhr
Lutassa02
Beiträge: 2/8
dabei seit: Feb '12
Lutassa
Leichtgewicht:

Man kann das alles auch anders sehen und machen. Ganz wichtig für diesen thread ist: Ich gebe hier eine Meinung und ein Gefühl ab. Es ist kein Urteil und erst recht nicht die Wahrheit.

Liebe Grüße
vom Leichtgewicht


Danke dir Leichtgewicht, nur keine Hemmungen und keine Entschuldigungen, es geht darum, wie kommt der Text an.

Ein häufiges Problem von mir ist die Ausgangslage. Von einer totalen Depri-Phase kommt ein Sonnenschein in das Leben. Unter der Voraussetzung fällt es mir schwer einen positiven interessanten Anfang zu bauen, ich arbeite noch an Lösungen. In dieser Geschichte wollte ich durch die Ruhe der Bucht eine positive Stimmung erzeugen.

Bei dem zweiten Absatz hätte ich die Trennung einen Satz eher setzen müssen, die Handlung war aber bewusst statisch, in Vorbereitung auf ihren Wutausbruch. Die Charakterisierung versuche ich inzwischen in den Text zu ziehen, wobei ich dann einigen Merkmalen nicht integrieren kann.

Ich hoffe die Diskussion geht noch weiter und es beteiligen sich noch andere daran.

Lutassa
Beitrag26.12.12, 13:20 Uhr
tyami
Beiträge: 6/473
dabei seit: Dez '03
tyami takez
Grüß Gott schön.
Leichtgewicht:
Ganz wichtig für diesen thread ist: Ich gebe hier eine Meinung und ein Gefühl ab. Es ist kein Urteil und erst recht nicht die Wahrheit.

Amen.

Womit du mich am meisten überraschen könntest, lieber Lutassa, wäre ein Plot, in dem es einmal nicht darum geht, dass sich ein meist sehr junges Mädchen bis zur Hörigkeit in einen älteren, nahezu allmächtigen Problemlöser verliebt. Ob es allerdings in deinem Interesse liegt, sowas zu schreiben, ist eine der Fragen, die mich bisher davon abgehalten haben, zu diesem Thread etwas beizutragen, obwohl es mir schon länger unter den Nägeln brennt.

Mir persönlich fehlt einfach die Spannung. wobei es etwa bei dieser Geschichte gar nicht notwendig wäre, sie völlig umzuschreiben. Du hast diesen Ex-Freund, der viel früher und viel ausgiebiger auftauchen könnte, um Stunk zu machen, du hast eine verzwickte Eltern-Tochter-Situation, die du ausbauen könntest, du hast die resche Bayerin, die sich trotz aufbrausenden Naturells für meinen Geschmack viel zu schnell "seinen" Wünschen unterordnet. Die angebotenen Lösungen klingen für mich alle viel zu perfekt und somit langweilig. Das wird verstärkt durch deinen erklärenden Schreibstil, der ganz im Sinne des Ich-Erzählers nichts dem Zufall überlassen und alles sofort erledigen will. Stichwörter dazu "Show, don't tell" und "Spannungsbogen", der eben nicht dadurch entsteht, dass ein auftauchendes Problem auf der Stelle beseitigt wird.
Lutassa02:
Zeitgleich mit der Korrektur von „Mein neues Leben mit einer anderen Kultur“ schrieb ich die Geschichte um [...] Warum sie aus Bayern kommen musste, weiß ich bis heute nicht.

Ich seh da schon Zusammenhänge, und eigentlich war es nicht mal eine schlechte Idee, wenn du sie denn genutzt hättest. Aber so spricht die arme Bianka ein sehr drolliges Kunstbayrisch, wenn sie nicht gerade "in Hochdeitsch redt" oder Ausdrücke wie "Boah ey!" oder "belatschern" von sich gibt, die sie vielleicht aus dem Fernsehen kennt, aber eher nicht verwenden sollte. Dass dir dabei nicht nur der Dialekt, sondern auch die bayrische Wesensart fremd bleibt, zeigt sich dann in der Szene bei der Familie, die so halt sehr stark zum Klischee mutiert, inklusive des Großvaters, der auch mehr als zwei Nebensätze hergegeben hätte.

So, erst einmal Punkt an dieser Stelle. Kernfrage für mich bleibt, was du selbst ändern willst, weil du dort Fehler oder wenigstens Verbesserungsmöglichkeiten siehst. Damit steht und fällt nämlich jeder Vorschlag.

Pfiat di, tyami
Beitrag28.12.12, 22:24 Uhr
Lutassa02
Beiträge: 2/8
dabei seit: Feb '12
Lutassa
Hallo tyami,

schön das du doch etwas dazu beiträgst. Schon dein erster Absatz veranlasste mich, in meiner Sammlung nachzuschauen. Im Grunde hast du recht, immer strahlende Helden und meist jüngere Frauen. Diese Art Plot kommt aus meinem Leben, das bin ich oder will es sein. Dein Wunsch nach einem anderen Plot bekommst du aber erfüllt. Eine der nächsten Geschichten wird ganz anders, es sind aber noch zu viele Fehler im Text.

Komm ich erst einmal zu deiner Kernfrage:
Nein, ich will diesen Text nicht umschreiben, mir geht es um meine grundsätzlichen Fehler.
Ja, ich will selber meine Texte verbessern (können). Vor mir liegen noch einige weitere Geschichten, die ich in der aktuellen Fassung nicht veröffentlichen will.

Die ungenutzten Gelegenheiten muss ich mir genauer anschauen, ich hatte sie als Nebensächlichkeiten nur schnell umschrieben, um zu dem eigentlichen Text zurückzukommen. Die zu schnellen Lösungen und der dadurch fehlende Spannungsbogen werden wohl eine Herausforderung für mich, schaun wir mal.

Bleibt noch der Schreibperspektive, noch suche ich die passenden. Wie du schon bemerkt hast, schreibe ich meistens in der 1. Person. Dabei experimentiere ich aktuell mit wechselseitigem Erzählen oder erzähle ganz von der Gegenseite. Hier könnte natürlich die (vielleicht berechtigte) Kritik kommen, so fühlt keine Frau. Mir gefällt es aber in dieser Rolle zu denken und bin auf die Reaktion gespannt. Den Sandy-Text hatte ich in der 3. Person geschrieben, wie dieses ankommt, weiß ich nicht. Die 2. Form kommt nicht infrage, ich lese diese Texte nicht gerne und werde sie auch nicht schreiben.

Ach so, von der bayrischen Wesensart habe ich wirklich keine Ahnung und deswegen konnte ich nur auf das Klischee zurückgreifen. Grins, ich weiß immer noch nicht, warum sie aus Bayern kommen musste.

Danke noch mal für deine Kritik, du hast mir viele Denkanstöße gegeben.

LG
Lutassa
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