23.9.04, 13:49 - Betreff: Satzbau und Bezugsfehler | |
MarquisSauvage | Hallo, anhand einiger Beispiele aus der Praxis möchte etwas zu Satzbau und Bezugsfehlern sagen. Gerade letztere werden von Schreibern selbst gerne wegen Betriebsblindheit übersehen. Mir geht es zumindest bei meinen eigenen Geschichten so. Die Beispiele sind aus einer gut bewerteten Geschichte. Mir persönlich gefällt sie auch und hat für mich einen Level, der es nicht verdient, ins Lächerliche gezogen zu werden, deswegen jetzt ganz sachlich.
Nur in einfachen Hauptsätzen zu schreiben ist Hauptschul-Stil, geschenkt. Man muss bei der Verschachtelung von Sätzen aber darauf achten, dass der Lesefluss erhalten bleibt. Am besten gelingt das natürlich bei aufzählenden Sätzen: Er verließ seine Wohnung, verschloss die Tür, stieg in den Aufzug, drückte auf Erdgeschoss und stürzte ab. Immer schön, wenn Dinge schnell geschehen und das Tempo anziehen soll. Im oberen Zitat sind die Teile des Satzes "während Mark" und "vom Buffet aus zusah" schon zu weit entfernt und die Bindung so geschwächt, dass man kurz stock und überlegt, wer oder was vom Buffet aus zusah. Warum die Trennung nicht einfach aufheben? "Während Mark vom Buffet aus zusah, dabei Petra umarmte und ihr die letzten Wassertröpfchen von ihrer Schulter küsste, erlebte der Rest..." Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, ein weiteres Komma zu eliminieren: "Während Mark vom Buffet aus zusah und in zärtlicher Umarmung die letzten Wassertröpfchen von Petras Schulter küsste, erlebte der Rest..." Übrigens, dieser Satz geht folgendermaßen weiter:
Hier nur noch eine Kleinigkeit: Zweimal "bei" hätte ich vermieden, zum Beispiel mit "der Puls der Paare" Das Füllwort "ein bisschen" könnte man hier auch streichen. "zum erneuten Mal" ist weder Fisch noch Fleisch. Besser wäre "zum wiederholten Mal" oder einfach "erneut": "erlebte der Rest erneut die bangen Sekunden, in denen die Flasche an Geschwindigkeit verlor und sich der Puls der Paare bei jeder Drehung erhöhte."
Füllwort-Alarm. Es schwierig, hier ohne Füllwort auszukommen. Aber zumindest wäre ein kleineres Wort unauffälliger: "Er brauchte einige Zeit", oder "Es dauerte eine Ewigkeit" Am besten wäre es natürlich, wenn die verstreichende Zeit nicht beschrieben, sondern durch eine Handlung, die währenddessen geschieht, zum Ausdruck gebracht wird. Z.B: "Während er angestrengt überlegte, ging X an die Bar und bestellte sich einen Drink. Die Wartezeit versüsste sie sich mit dem Anblick von Marc und Petra neben ihr, die bereits heftig... Als sie mit ihrem Drink zurück kam, verkündete Andreas gerade die Frage." Übrigens, im Originalsatz scheint noch ein Beziehungsfehler zu stecken. Andreas überlegt, Tini hilft nicht und überlässt die Entscheidung Angie. Welche Entscheidung?
Besser wäre: Wie oft befriedigt ihr euch selbst?
Zum einen haben wir hier einen Beziehungsfehler, denn Angies Freundin hängt bestimmt nicht grinsend über Angies Schulter. Auch hier würde ich versuchen, den Lesefluss zu erhöhen. Z.B. durch ein "und" zwischen "hörte" und "blickte" Oder so: "Über diese Frage musste Angie grinsen. Auch Tammy hinter ihr konnte ein Kichern nur schwer unterdrücken."
Das Wort "als" im zweiten Satz ist ungünstig, weil es in dieser Konstruktion die Bedeutung von "während" hat. Besser wäre "Mark glaubte, sich verhört zu haben und blickte sie ebenso neugierig an." Es ist in dieser Geschichte nicht immer intuitiv erkennbar, welche Perspektive der Erzähler einnimmt. Der letzte Satz vor dem Zitat, der eine Perspektive erkennen lässt, lautet "Als sie darüber nachdachte, wie oft sie es sich selbst besorgte und die Wochentage in Gedanken aufzählte, bekam Petra große Augen ..." Wir befinden uns also in Petras Gedankenwelt. Der zweite Satz des Zitats ist aber aus Marks Perspektive geschrieben. Entweder hat sie an dieser Stelle gewechselt oder es ist ein Flüchtigkeitsfehler. Man sollte darauf achten, die Erzähl-Perspektive nicht zu oft zu wechseln. Möglichst nicht innerhalb einer Szene.
Wenn ich versuche, den Blicken anderer auszuweichen, dann folgt daraus, dass die Blickenden ZU MIR blicken. Der Einschub "die natürlich sofort hersahen" ist unnötig. Soll hervorgehoben werden, dass sich die Blicke der anderen plötzlich auf ihn richteten, dann würde ich das anders einfließen lassen. Der Satz, um einige Kommata erleichtert, könnte so aussehen: "WAS?", hakte er lauter als geplant nach und versuchte, den mit einem Mal neugierig auf ihn gerichteten Blicken der anderen auszuweichen.
Hier musste ich allerdings etwas schmunzeln, denn der Satz bedeutet ja, dass sich zwei Personen anblicken, während sie sich zwischen Angies Beinen befinden. Gemeint war wohl, dass beide zwischen Angies Beine blicken. Vielleicht hätte man schreiben können: "Ihre Blicke verfingen sich zwischen Angies Beinen." So, an dieser Stelle möchte ich die Geschichte erlösen, bevor noch der Eindruck entsteht, ich wolle sie schlecht machen. Dem ist definitiv nicht so. Im Gegenteil, sie war es wert, intensiver "unter die Lupe" genommen zu werden. Vielleicht hilft es dem ein oder anderen ja. Grüße MS |
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23.9.04, 22:08 Uhr | |
XXX-Zine |
Gleich zu Anfang ein prima Beispiel von MS. Da fehlt doch was! Was fehlt da nur? |
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23.9.04, 22:33 Uhr | |
MarquisSauvage |
MS |
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23.9.04, 23:31 Uhr | |
Sabbi | Sch........ !!! Da hab ich eine umfassende Antwort geschrieben, wollte sie abschicken, dann war ich auch schon ausgelogt. Ich machs deshalb kurz und bedanke mich bei MS für die Ausführlichkeit. Meine ausführliche Antwort reiche ich irgendwann nach. Noch einmal tu ich mir das heute nicht an. *seufz* Die ultrakurze Fassung dessen: Ich freue mich über detaillierte konstruktive Kritik. Aber alles andere schreibe ich ein anderes Mal wieder. Schade um die zwei Seiten, die ich geschrieben hatte - sorry, dass meine Antwort jetzt so plump ausfällt. Ich hoffe, du wirst es mir nachsehen. Liebe Grüße, Sabbi, die sauer auf den Server ist, der mich während des Schreibens auslogt. |
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23.9.04, 23:36 Uhr | |
MarquisSauvage |
Ist mir auch schon passiert. Bevor ich jetzt bei längeren Sachen auf "Speichern" klicke, markiere ich vorher den gesamten Text und haue ihn mit ctrl-c in die Zwischenablage. Oder ich schreibe im Notepad vor. Das ist nämlich sowas von ärgerlich, wenn alles futsch ist... Grüße MS |
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23.9.04, 23:49 Uhr | |
Aramis Beiträge: 218/1403 dabei seit: Nov '98 |
Da hilft nur eins: schneller schreiben. Wielange man Zeit hat, sich wieder beim Sörva zu »melden«, weiß ich jetzt nicht. Ich kläre das mal mit Novalis. Falls die Zeit wirklich zu knapp bemessen ist, setzen wir sie um 30 Sekunden rauf.
An dieser Stelle stockte ich in der Tat kurz.
Das ist ein guter Tipp. Seit mir das bei einem anderen Forum und beim Einlesen längerer Geschichten auch ab und an passiert ist, befördere ich den Text auch per STRG-C in die Zwischenablage. Wohl dem, dessen Computer in diesem Moment nicht abstürzt. LG, Aramis PS: Konstruktive Kritik von MS - das freut mich, weiter so! |
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24.9.04, 00:01 Uhr | |
Sabbi |
Tja, ihr Lieben. Nun stellt euch vor, wie oft ich genau diese Meinung in 2 Seiten reingeschrieben hätte. Also langsam war ich mit dem Schreiben eigentlich gar nicht, da hätten die 30 sek vielleicht sogar gereicht. *Nase rümpf* Ob mir das alles nochmal einfällt, was ich hier geschrieben hatte, wage ich fast schon zu bezweifeln. Hm. Nun bin ich frustriert und gehe kuscheln. *g , Sabbi, die längere Postings generell zwar in den Speicher befördert, aber AUSGERECHNET DIESMAL drauf vergessen hatte... *knurr* |
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