12 Miriam - willkommen im Dschungel
von Faith
Vom Pazifik wehte eine leichte Prise über die Vororte von San Francisco. Sam stand auf der Veranda und schaute in die Nacht. Die Menschen feierten Thanksgiving: sie saßen mit vollen Bäuchen an Tischen und öffneten einen Hosenknopf, sofern es die Etikette zuließ. Für ihn war es eine Wohltat, nach dem Essen aus diesem Stimmengewirr ausbrechen zu können.
Er hörte Schritte und wusste, dass Buck zu ihm gelaufen kam. Sein zweiter Mann in der Fliegerstaffel und bester Freund stützte sich mit den Ellenbogen neben ihm auf dem Geländer ab.
»Na kommst du langsam runter?«, fragte Buck und tat so, als wäre seine Hand ein Flugzeug, dass auf dem Geländer landete. Sam schüttelte den Kopf: »Genau so wenig wie du. Ich glaube, wir bleiben einfach oben.«
»Seit sie den Dom abgeschaltet haben, kann ich wenigstens ab und zu mal ruhig schlafen.«
»Meinst du, sie schalten ihn wieder ein?«, fragte Sam.
Buck zuckte mit den Schultern: »Warum nicht, wir waren der Hammer. Unser Geschwader hat die besten Leistungen aller Zeiten erbracht.«
»Ich glaube, sie haben nicht das erreicht, was sie geplant hatten.«
»Wegen ein paar Selbstmorden und einer massiven Häufung von Depressionen?«, fragte Buck und lachte zynisch, »es gibt immer ein paar, die den Druck nicht aushalten - das gab es schon immer. Sie werden die Technik verfeinern und den Dom wieder einschalten.«
Sam schwieg und wusste nicht, ob er Bucks Enthusiasmus teilen oder schreiend davonlaufen sollte. Der Dom war der Insiderbegriff für die neue Technologie, die den Kampfflieger des einundzwanzigsten Jahrhunderts hervorbringen sollte. Sam wusste nicht, wie es funktionierte - das war streng geheim. Er und alle anderen des Geschwaders hatten ein Serum gespritzt bekommen, das vordergründig keine Wirkung zeigte. Aber sobald der Dom eingeschaltet war, änderte sich alles: Das gesamte Geschwader arbeitete reibungslos wie ein Uhrwerk. Es gab keine Missverständnisse mehr. Sie verstanden sich blind und trafen in brenzligen Situationen intuitiv die richtigen Entscheidungen. Der Preis dafür waren Albträume, Depressionen oder quälende Selbstzweifel.
»Da steckt mehr dahinter, ich glaube nicht, dass sie es in den Griff bekommen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen ...«
»Deine seltsame Königin!«, unterbrach ihn Buck harsch. Sam Nickte schmallippig: »die Königin, deren Stimme du auch gehört hast.«
Buck schüttelte mit dem Kopf und tippte sich an die Stirn.
»Das ist Bullshit! Die haben uns doch gesagt, dass diese Halluzinationen durch den erhöhten Stress kommen.«
»Und wenn es doch eine höhere Macht dahinter gibt?«, fragte Sam.
»Na gut, dann genieße es und verplappere dich nicht, sonst sitzt du nie wieder in einem Flugzeug.«
»Wie viele stimmungsaufhellende Tabletten nimmst du jeden Tag, damit du klarkommst?«, frage Sam und wartete nicht auf eine Antwort, »der Dom ist seit drei Wochen offline und es wird nicht besser.«
»Der alte Schlendrian kommt zurück, als hätten die unzähligen Übungsflüge nichts gebracht. Und ohne diese scheiß Pillen kommt man nicht mal aus dem Bett, weil man sich sonst den Kopf über Sachen zerbricht, die einen gar nichts angehen«, gestand Buck schmallippig und zeigte aufs Haus, in dem die Gäste ausgelassen lachten, und sagte: »Wir haben Thanksgiving. Ich werde mich heute volllaufen lassen, und bis Samstag durchschlafen. Am Montag geht es zurück auf den Ozean, vielleicht haben sie bis dahin ein paar Probleme gelöst.«
*
Sam stand wieder alleine auf der Veranda, er wollte nicht zurück in das Stimmengewirr, in dem es nur um Belanglosigkeiten ging, auf die er sich kaum konzentrieren konnte. Er holte Luft und grübelte, wie so oft.
Am Anfang war alles gut gelaufen. Damals, als das Serum nur bei einer kleinen Gruppe getestet wurde, schien es keine nennenswerten Nebenwirkungen zu geben. Dann kam der Großversuch, bei dem auch er seine Spritze bekam. Alle Vorteile, die aus den vorherigen Testreihen bekannt waren, zeigten sich wieder. Allerdings deutlich mächtiger, da die intuitive Schwarmintelligenz nun auch abteilungsübergreifend funktionierte.
Dann häuften sich Berichte von lebhaften Träumen, die den Betroffenen realer als das wahre Leben vorkamen. Einige wachten schreiend vor Angst auf und zeigten Anzeichen eines Traumas. Anderen kam das Aufwachen vor, als würden sie vom Paradies zurück auf die Erde fallen. Zwischen diesen Extremfällen gab es viele, die nach dem Aufwachen keine bewussten Erinnerungen an ihre Träume hatten, aber einzelne Bilder sickerten durch das Unterbewusstsein in den Alltag.
Ein bisher unbekanntes Phänomen zeigte sich bei den Teams, die für das Betanken der Flugzeuge zuständig waren. Dort konnte der Anblick der dicken schwarzen Tankschläuche zu Panikattacken führen.
Bei all den Berichten hatte aber keiner außer ihm die Augen der Königin gesehen. Diese strahlend blauen Augen in einem edlen schwarzen Gesicht. Sam zitterte, wenn er sich daran erinnerte, wie nah ihre Lippen an seinen waren. Kobaltblaue, volle Lippen senkten sich zu ihm hinab, dann schloss die Königin ihre blauen Lider und gerade, als jede Faser seines Körpers zu ihr übergehen wollte, warf sie ihn zurück in die Dunkelheit.
»Vielleicht muss ich zu ihr kommen!«, sprach Sam in die Dunkelheit und blickte sich dann um, ob ihn jemand gehört hatte.
Anstatt zu warten und sich den Kopf zu zerbrechen, musste er die Königin suchen. Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz. Er ging über die Veranda, betrat das Wohnzimmer und durchpflügte die Ansammlung von Menschen, die ihn überrascht anschauten. An der Garderobe hing seine Jacke, darin waren seine Autoschlüssel. Noch während er die Jacke überstreifte, zog er die Haustür hinter sich zu und lief zu seinem Auto. Jemand rief ihm nach, ob etwas nicht stimmte. Aber Sam drehte sich nicht um - denn es stimmte alles. Er startete den Motor und fuhr los. Er musste nach norden, an die Küste oberhalb von San Francisco.
***
Am frühen Abend streckte Miriam den Kopf aus dem Wasser und sah die Golden Gate Bridge. Anstatt wieder abzutauchen, um weiter zu schwimmen, machte sie mit ihrer Schwanzflosse kleine Bewegungen, die ihren Kopf oberhalb der Wasserlinie hielten.
Ihre Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten, die hinter ihren Ohren herabhingen und im leichten Wellengang des Pazifiks verschwanden. Es sah so aus, als wären mehrere schwarze Bänder in die weizenblonden Zöpfe geflochten.
»Wir haben San Francisco erreicht«, sagte sie leise.
In die Zöpfe kam Leben, die schwarzen Bänder spannten sich an und kurz darauf durchstießen die unteren Enden der Zöpfe die Wasseroberfläche. Das Geflecht bewegte sich mit der Anmut von Schlangen, die sich hinter ihr aus dem Wasser erhoben, bis links und rechts von ihrem Kopf zwei kleine Blüten schwebten.
Die eine Blüte war orange und es zogen sich feine blaue Linien über die Innenseite des Kelchs. Die andere Blüte war das genaue Gegenteil. Ihre Blüte war kräftig blau und wurde von orangen Linien durchzogen. Neugierig richteten sich die Blüten in Miriams Blickrichtung aus.
‚Hier wolltest du hin?`, fragte M’ryn der I.
»Vielleicht nicht genau hier hin, aber wir sind dem Ziel näher als je zuvor«, antwortete Miriam. Diese Reise hatte über drei Wochen gedauert und jetzt, da sie sich dem Ende neigte, bedauerte es Miriam. Seit ihr Greg das Leben gerettet und sie zur Nordsee gebracht hatte, war sie alleine durch die Meere geschwommen. Von der Nordsee in den Atlantik, westwärts bis nach Mexiko. Dort hatte sie die Landquerung nach Westen als blinder Passagier eines Güterzugs bewältigt und war in den Pazifik abgetaucht. Dann ging es tagelang nordwärts, an der Westküste des amerikanischen Kontinents entlang, und jetzt lag die Bucht von San Francisco vor ihr.
Es wäre vielleicht auch einfacher gegangen, aber die Zeit der Einsamkeit und der Entbehrungen tat ihrer Seele gut. Keine Menschen auf Schritt und Tritt, keine Passkontrollen, kein Angstschweiß, weil ein Wachmann ihr Gesicht mit einem Fahndungsfotos abglich. Offiziell war sie tot, obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde. Tote erschienen nicht in Fahndungslisten - Miriam wollte daran nichts ändern.
Als sie aufgebrochen war, hatte sie nicht damit gerechnet, ihr Ziel zu erreichen. Nach dem Schock, den sie zu überwinden hatte, wollte sie möglichst weit von Menschen entfernt sein. Die Verzweiflung ließ sie die ersten Tage in eine emotionale Starre verfallen. Danach durchlebte sie eine Phase, in der sie von Rachegelüsten am Leben gehalten wurde. Sie malte sich mehrere Szenarien aus, wie sie ihre Wut an Ellen Keens, oder der Menschheit im Allgemeinen, auslassen könnte. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie überlebte. Sie wollte nur möglichst viel Schaden anrichten.
Erst in den letzten Tagen wurde ihr Verstand wieder so klar, dass sie die Dinge anders sah: Sven lebte mit hoher Wahrscheinlichkeit noch und war mit Sicherheit über viele Wochen in einer Quarantänestation gefangen. Weiterhin hätte sich Ellen Keens nicht so viel Mühe gegeben V’nyx den IV. lebend zu entführen, um ihn dann in Stücke zu schneiden - vielleicht war er sogar bei T’rion dem II. Ihr fehlten gewaltig viele Informationen, um mit diesen Vermutungen einen konkreten Plan zu schmieden, aber ihre Ziele standen fest: Sie musste sowohl Sven als auch die Cerebrate finden und befreien.
Das Ganze musste still und heimlich passieren, und dann mussten sie ein Versteck finden, das wirklich sicher war. Hier fehlte ihr noch die zündende Idee. Und gute Ideen entstehen selten, wenn man in seiner eigenen Gedankenwelt kreiste. Sie musste sich in naher Zukunft wieder mit Menschen austauschen, sowohl körperlich als auch geistig. Die Zeit des Schweigens und der Enthaltsamkeit hatten ihr gut getan, sie war mit sich im Reinen - nur noch nicht mit dieser Welt.
Ihre einzigen Gesprächspartner auf dieser Reise waren ihre beiden neuen Cerebrate gewesen. Aber auch diese beiden Pflänzchen benötigen erst einmal Informationen, um ihr eine echte Hilfe sein zu können. Die beiden hatten sich sehr bald aus den Datenkapseln entwickelt, die sie von Greg erhalten hatte. M’ryn der I. und V’nyx der V. waren in Meerwasser gekeimt und das war selbst für Miriam eine Überraschung. Es war bereits jetzt abzusehen, dass sich diese beiden Cerebrate gänzlich anders entwickelten, als es Miriam von denen kannte, die an Land wuchsen.
Die Blüten bestanden nicht aus übereinander gefächerten Blütenblättern, sondern aus einem halbkugelförmigen Kelch, mit dem sie sich, ähnlich wie manche Quallen, im Wasser fortbewegen konnten. Die zahlreichen kleinen Tentakel waren schlanker und länger. Mit ihnen konnten sie sich, ähnlich einer Krake, ebenfalls fortbewegen oder an Dingen festhalten.
Am liebsten flochten die kleinen Cerebrate ihre Tentakel in Miriams Haare, damit sie sicheren Halt hatten, wenn ihre Königin mit den großen Tümmlern um die Wette schwamm oder Fische zum Essen jagte.
»Macht euch bereit, wir schwimmen noch ein Stück, um eine ruhige Stelle am Ufer für die Nacht zu finden«, sagte Miriam, aber V’nyx der V. widersprach: ‚Warte!’
Miriam schaute über ihre linke Schulter.
»Hast du was aufgeschnappt?«, fragte sie, aber V’nyx der V. ließ die Blüte enttäuscht hängen.
’Ich glaubte, ein Signal oder einen Gedanken erfasst zu haben.’
Die Tentakel entspannten sich und Miriams Zöpfe sanken nach unten, bis beiden Blüten im Meer verschwunden waren. Miriam tauchte kopfüber ab und ihre schwarze Schwanzflosse schaute kurz aus dem Wasser heraus, als sie sich kraftvoll abstieß, um ihre Reise fortzusetzen. Mit eng am Körper anliegenden Armen und harmonischen Körperbewegungen schwamm sie ihrem Tagesziel entgegen. Bei dieser Schwimmtechnik konnte sie durchaus mit dem Tempo eines Delfins mithalten. Nach zwei Minuten schwamm sie der Wasseroberfläche in flachem Winkel entgegen, ohne langsamer zu werden, holte frische Luft, und tauchte wieder einige Meter ab.
*
Sie machte einen Bogen um San Francisco und näherte sich der Küste weiter nördlich, als kaum noch Anzeichen von Zivilisation zu erkennen waren. In einer kleinen halbkreisförmigen Bucht glaubte Miriam, einen sicheren Ruheplatz gefunden zu haben. Ein alter Bootssteg führte mehrere Meter ins Wasser, aber es waren keine Boote daran befestigt, und der Holzschuppen am Ufer sah unbewohnt aus. Sie schwamm unter den Bootssteg und ließ sich in Rückenlage auf dem Wasser treiben. Nur ihr Gesicht ragte ein Stück aus dem Wasser, damit sie atmen konnte. Die beiden Blüten reckten sich am Ende der Zöpfe in die Luft und schauten jeweils in unterschiedliche Richtungen, um mögliche Gefahren aus allen Richtungen erfassen zu können.
Miriam träumte mit geschlossenen Augen von fettem Fleisch und gebratenen Kartoffeln – zum Nachtisch wünschte sie sich pralle Schwänze, die sich in ergiebigen Schüben in ihrem Mund entluden. Für einen kapitalen cumshot hätte sie auf das Fleisch verzichtet. Ihre offenen Lippen formten sich zu einem verführerischen O. Der lautlose Schrei nach Nahrung ließ die Cerebraten zusammenzucken. Ihre Königin hatte Hunger - das bedeutete, sie würden heute auch wieder leer ausgehen.
Sie hatte sich von Anbeginn der Reise darauf eingestellt, dass es eine Zeit voller Entbehrungen werden würde. Tief in ihrem Körper war eine Drüse, in der sie einen eisernen Vorrat an Sperma verwahrte, so wie sie es von der Ameisenkönigin gelernt hatte. Das letzte Mal konnte sie diesen Vorrat bei ihrem Landgang in Mexiko auffüllen. Diesen Vorrat brauchte sie nur tröpfchenweise auf und heute blieb sie standhaft. Weder sie noch ihre Cerebraten waren so geschwächt, dass dieser Vorrat angetastet werden musste.
Es war paradox: Heute war Thanksgiving, unzählige Menschen lagen mit schmerzhaft überfüllten Bäuchen in ihren Betten oder vögelten, nachdem sie die Verwandtschaft zur Tür gebracht hatten. Nur die Königin musste hungern.
Ein Gedankenblitz ihrer Cerebrate riss Miriam aus ihren Träumen: Sie bekamen Besuch. Auf dem Bootssteg über ihr waren Schritte zu hören und der Lichtkegel einer Taschenlampe huschte übers Wasser.
‚Wer ist das?’, fragte Miriam in Gedanken, dann hielt sie inne und formte mit ihren Lippen ein Wort: »Sam!«
Der Lichtkegel der Taschenlampe huschte über die Wasseroberfläche. So leise wie möglich schwamm sie an die Kante des Bootsstegs und riskierte einen Blick nach oben. Ein großer Mann zog den Kragen seiner Windjacke enger um den Hals und suchte das Wasser mit der Taschenlampe ab. Miriam war direkt unter ihm im Wasser. Mit einem Flossenschlag hätte sie sich aus dem Wasser katapultieren und ihn begrüßen können. Aber sie wartete.
»Ich weiß, dass es dich gibt«, sagte der Mann. Dann ging er einige Schritte in Richtung Festland und drehte sich noch einmal um, »und wenn du danach nie wieder zu mir sprichst, dann sag mir wenigstens warum.«
Miriam erkannte die Stimme und erschauerte - es war tatsächlich Sam.
»Wie hast du mich gefunden, Sam?«, fragte sie und hob ihren Oberkörper aus dem Wasser.
Mit großen Augen starrte er aufs Meer, richtete die Taschenlampe in die Richtung, aus der die Stimme kam, und sah die Königin.
Die Wassertropfen schimmerten wie Edelsteine auf ihrer schwarzen Haut. Neben ihrem Kopf schienen Elfen zu schweben, eine blaue und eine in Orange. Die blauen Augen der Königin sahen ihn direkt an, und er begann wieder zu zittern.
»Also Sam, wie hast du mich gefunden?«
»Ich wusste es einfach. Wir warten seit Wochen, aber du kommst nicht mehr, seit sie den Dom ausgeschaltet haben.«
»Ich war schon so lange nicht mehr bei euch, weil …«, sagte Miriam und atmete tief durch, »ich musste mich um andere Dinge kümmern.«
Sam hörte ihr nicht zu. Er rannte in ihre Richtung, sprang kopfüber ins Wasser und schwamm auf sie zu. Sie kam ihm mit einem kräftigen Flossenschlag entgegen und umarmte ihn - Seine Kleidung zog ihn nach unten, aber Sam lächelte.
»Wir müssen aus dem Wasser«, sagte Miriam. Ihre Schwanzflosse hatte genug Kraft, um Sam über Wasser halten zu könnte, aber das Wasser war auf Dauer zu kalt für ihn.
»Ja«, sagte er, machte aber keine Anstalten, aus dem Wasser gehen zu wollen. Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und flüsterte: »Die Königin.«
Sams Ergriffenheit beeindruckte Miriam. Sie gab sich der Umarmung hin, nach der er sich so sehnte.
‚Er braucht mich, so wie alle dunklen Kreaturen, denn hinter jeder von ihnen steckt ein Mensch. Ein Mensch, der Dinge sah, die Menschen normal nicht sehen können‘, dachte Miriam.
»Weißt du noch …«, setzte Sam an.
»… ja«, sagte Miriam, »ich habe dich nach deinem Namen gefragt und du hast ihn mir gesagt.«
Sam nickte mit zitternden Lippen.
»Du musst aus dem Wasser raus und dir etwas Trockenes anziehen«, sagte Miriam mit Nachdruck.
»Nein, das macht mir nichts. In der Grundausbildung haben sie uns tagelang durchs Wasser gescheucht und in nassen Klamotten ins Unterholz gejagt, ich komme damit klar.«
»Du frierst!«
»Möchtest du etwas zu essen?«, fragte Sam zitternd und erntete einen überraschten Blick. Er zeigte zum Festland: »Mein Auto steht dort hinten. Ich habe Essen dabei und warme Decken.«
Miriams Antwort war ein kräftiger Flossenschlag, mit dem sie sich und Sam ins flache Ufer treiben ließ.
»Du kannst dir nicht vorstellen, welchen Hunger ich habe«, sagte Miriam und Sam nickte verständig. Er rannte zu seinem Auto und lachte über die Einfachheit ihres Wunsches: Essen! Sam empfand Glück, etwas für die Königin tun zu können - etwas so Wichtiges, das so einfach zu erfüllen war. Als er mit einem großen Pappeimer voll gebratener Hähnchenflügel und einer Wolldecke zurückkam, sah er eine nackte Frau am Strand sitzen. Ihre helle Haut hob sich deutlich von der dunklen See ab.
Sie strich sich das Wasser von den Beinen und erkundete die Waden und Fußgelenke, als wolle sie sicherstellen, dass alles wieder so war, wie es für einen Menschen sein sollte. Die beiden Blüten krallten sich in ihren nassen Haaren fest und erstrahlten hinter ihren Ohren, wie zwei handtellergroße Antennen. Die Königin wirkte in Sams Augen auf einmal verletzlich und schwach. Miriam umarmte sich selbst und zitterte vor Kälte.
»Ganz schön kalt für Menschenhaut«, sagte sie und lächelte verlegen.
Sam legte ihr eine Decke über die Schultern und reichte ihr die Hand, an der sie sich hochzog. Zaghaft machte sie den ersten Schritt, als müsse sie erst wieder lernen zu laufen. Mit jedem Meter, den sie näher zu Sams Auto kamen, wurde ihr Gang sicherer. In die Decke gehüllt, nahm sie auf dem Beifahrersitz Platz. Sam stellte ihr die Packung mit den Hähnchenflügeln auf den Schoß, schlug die Tür zu und rannte um den Wagen. Dann wickelte er sich ebenfalls in eine Decke ein, ehe er sich hinter das Steuer setzte und losfuhr.
Während Sam den Wagen lenkte, saß Miriam neben ihm und nagte lauwarmes, aber herrlich fettiges Hühnchenfleisch von einem Knochen.
»Das ist wunderbar, es könnte wärmer sein, aber ich liebe es fettig«, sagte sie mit vollem Mund. Die Hände und ihr Gesicht schauten als Einziges unter der grauen Wolldecke hervor, ihre grünen Augen strahlen vor Glück.
Sam sah sie mit entrücktem Blick an. Miriam schlug die Augen nieder und versuchte, den Bissen dezent zu schlucken. Sam war kaum älter als sie und besaß den durchtrainierten Körper eines Soldaten. Der Blick passte nicht zu seinem kantigen Gesicht mit den blau-grauen Augen. Er sah aus, wie jemand, der wusste, was er tun musste, um sein Ziel zu erreichen, aber seine Mimik vermittelte Unsicherheit.
»Ich will dich nicht enttäuschen«, sagte Miriam und stellte den Pappeimer in den Fußraum, es waren nur noch Knochen darin.
»Wie solltest du mich enttäuschen?«, fragte Sam und konzentrierte sich auf den Verkehr. Für einen Augenblick erkannte man den entschlossenen Mann, der er sein sollte. Miriam schaute aus dem Fenster und beobachtete die fremde Landschaft.
»Es wird nicht so, wie du es vielleicht hoffst«, sagte Miriam und wusste, dass sie in Rätseln sprach.
***
»Hier sind wir«, sagte Sam und riss Miriam aus ihren Gedanken. Er hielt vor einem Wohnkomplex. Sie schlichen sich, in Decken gehüllt, über den Parkplatz und erreichten Sams Wohnung. Direkt hinter dem Eingang betraten sie den Wohnraum mit Kochnische. Gegenüber des Eingangs war eine Fensterfront. Es gab noch zwei Türen, eine führte ins Badezimmer, die andere in einen Schlafraum.
»Hast du noch Hunger?«, fragte Sam und riss den Kühlschrank auf.
»Ja?«, sagte Miriam und neigte den Kopf kokett zur Seite.
»Ich kümmere mich darum«, sagte Sam und strahlte endlich die ihm innewohnende Gelassenheit aus.
Miriam ließ die feuchte Decke von ihren Schultern gleiten und ging ins Bad. Sie verschloss den Abfluss des Waschbeckens und ließ kaltes Wasser ein. Dann nahm sie ihre Cerebrate und setzte die beiden ins Waschbecken. M’ryn der I. begann zu zittern und teilte in Gedankensprache mit, dass dieses Wasser brannte.
»Das Leitungswasser ist mit Chlor versetzt, V’nyx kennt sich mit Chlor aus, lerne von ihm, wie es funktioniert«, sagte Miriam.
Nachdem ihre Cerebrate versorgt waren, drehte sie das Wasser in der Dusche auf, bis es fast schmerzhaft heiß war und stellte sich unter den dampfenden Regen, genoss das Prickeln auf ihrer Haut und spürte, wie Leben in ihre unterkühlten Knochen zurückkehrte. Wie in Trance stand sie mit leicht zurückgeneigtem Oberkörper unter dem heißen Stahl und ließ sich das Wasser aufs Gesicht und die Brüste plätschern. In ihrer Erscheinung als Delfinfrau kam ihr Körper prima mit den kühlen Wassertemperaturen zurecht, jetzt musste sie ihre Körpertemperatur wieder auf die für sie üblichen 39 Grad Celsius bringen. Sie hörte nicht, dass Sam die Badezimmertür öffnete.
Nackt stand er im Türrahmen und sah ihren schlanken Körper diffus durch die Dampfschwaden. Sie stand auf den Fußballen, die Wadenmuskeln waren angespannt und ließen ihre langen Beine noch länger erscheinen. Sie neigte den Kopf nach vorne, um das heiße Wasser über ihren Hinterkopf und den Rücken laufen zu lassen. Als würde sie an unsichtbaren Fäden hängen, stand sie unter der Brause und ließ sich das heiße Wasser auf den hängenden Kopf laufen. Wenn sie ausatmete, wölbte sich ihre straffe Bauchdecke nach innen und die Hüftknochen traten hervor.
Sie sah nicht ausgemergelt aus, dafür wirkte ihre Haut zu frisch und die Augen zu klar, aber dünner sollte eine Frau nicht sein. Ungeachtet ihrer kaum vorhandenen Fettpolster waren ihre Brüste groß und straff, mit kleinen, rosa schimmernden Warzenvorhöfen und nach oben zeigenden Nippeln.
Sam ging einen Schritt ins Bad und stieg über den Rand der Dusche. Er stellte sich hinter sie, legte seine Hände auf ihre Flanken und streichelte sanft abwärts über ihre schmale Taille bis zur Hüfte. Miriam hob leise stöhnend den hängenden Kopf, das Wasser prasselte ihr wieder ins Gesicht. Ihre Haut war durch das warme Wasser sensibler geworden, sie empfand die Berührungen der großen Männerhände wie Balsam auf ihrem Körper. Mit geradem Rücken lehnte sie ihre Schultern gegen seine muskulöse Brust, warf den Kopf in den Nacken und schmiegte ihre Wange an seinen Hals.
Er liebkoste ihre entblößte Kehle mit Küssen und entlockte ihr einen wohligen Laut. Sie atmete tief ein und wieder aus. Sams Hand lag mit gespreizten Fingern auf ihrem Bauch und folgte der Bewegung ihrer Atemzüge. Die andere Hand glitt nach oben und umfasste ihre Brust. Sam zog ihren Körper eng an seinen, während er mit der Zungenspitze über die Haut hinter ihrer Ohrmuschel leckte.
Miriam spürte seine Erektion gegen ihren Po drücken: »Du hast Kraft, nutze sie!«
In einem leidenschaftlich gestolperten Schritt drückte Sam sie gegen die Wand der Duschkabine, ihre harten Nippel rieben über eine Fuge in den Fliesen, sie hielt die Luft an, um nicht laut zu schreien. Sie war eingekeilt zwischen den kühlen Fliesen und Sams hartem Körper. Er zog seine Hand von ihrem Bauch zurück, packte sie oberhalb der Kniekehle und hob das Bein an, bis sie mit dem Fuß auf dem Seifenspender stand. Miriam drückte ihren kreisenden Po gegen seine Lenden, er nahm die rhythmischen Bewegungen auf, und drang von hinten in ihre heiße Spalte ein.
Miriam lächelte mit geschlossenen Augen. Ihr Körper zerfloss ..., durfte zerfließen, denn Sam hatte sie fest im Griff. Er nahm sie von hinten, presste sie gegen die Wand und küsste ihren Hals.
»Spritz ab!«
»Noch nicht!«, keuchte Sam mit flatternden Augenlidern, aber der Schuss war schon ausgelöst. Er spürte einen schmerzhaften Druck, als der Samen durch seinen Schwanz zischte und tief in Miriams Unterleib spritzte.
Miriam biss sich auf die Unterlippe vor Glück, griff hinter sich und krallte ihre langen Fingernägel in Sams knackigen Po, bevor er auf die Idee kommen konnte, sich aus ihr zurückzuziehen.
»Mach weiter … mach einfach weiter«, hauchte sie und schmiegte ihre Wange mit geschlossenen Augen an die kühlen Fliesen. Jeder Stoß seiner Lenden brachte ihren Körper zum Zucken, ließ ihre Nippel über diese fiese kleine Fuge in den Fliesen reiben und verschaffte ihr Lust, wie lange nicht mehr. Profane Lust, die ihrem Selbstzweck diente.
Sam wollte sie auf den Mund küssen und löste in Miriam einen Fluchtinstinkt aus, dem er trotz seiner wohl definierten Muskeln nicht gewachsen war. Er rutschte aus und knallte unsanft auf den Boden der Dusche ehe er Miriams Hand an seiner Kehle spürte. Ihr Gesicht schwebte mit bernsteinfarbenen Augen und schlitzförmigen Pupillen über ihm. Starr vor Schreck verdrängte er den Schmerz in seinem Steiß, blickte wie ein hypnotisiertes Kaninchen in ihre entschlossenen Augen und wusste, dass er eine Grenze erreicht hatte. Für einen Moment glaubte er, sie würde ihn hier in der Dusche zurücklassen – alleine, ohne Hoffnung.
Miriam neigte den Kopf prüfend zur Seite, ohne ihren bohrenden Blick zu senken. In ihren Mundwinkeln war Mitgefühl zu erkennen. Sie leckte über seinen geschlossenen Mund, ohne ihn von ihren Lippen kosten zu lassen und nahm auf seinem Schoß Platz. Sam spürte seinen Schaft in die heiße Spalte gleiten, fühlte ihre Hände auf seinen Wangen und schloss die Augen. Miriam ließ ihr Becken kreisen, spannte Muskeln an, die Sams Eichel massierten – Muskeln, von denen er bisher nicht wusste, dass es sie gab.
Sie reckte ihren Oberkörper vor und ließ ihn an den harten Knospen saugen, während sie das Tempo bestimmte.
»Wenn du dich danach sehnst, wirst du den Kuss der Königin erhalten«, sagte Miriam mit erregt vibrierender Stimme. Sam öffnete die Augen und erschauerte: Er blickte in die Augen der Blauen Königin. Auf seinem Schoß saß die schwarze Latexpuppe aus seinen Träumen. Sie schaute ihn mit mandelförmigen Augen an, ihre tiefblauen Lippen lächelten verständnisvoll währen ihr Unterleib seinen Schwanz genießerisch kreisend verwöhnte.
»Latexpuppe?«, fragte Miriam amüsiert und warf dann den Kopf unter einem Lustschauer in den Nacken. Sam musste nicht antworten, sie verzieh ihm den Vergleich, den sie aus seinen Gedanken gelesen hatte. So war sie ihm in den Träumen erschienen: mit langem, schlankem Hals, den eng anliegenden, kleinen Ohrmuscheln und einem auf bizarre Art perfekten Gesicht. Sein Antlitz reflektierte sich verzerrt in der spiegelglatten, schwarzen Latexhaut ihre Dekolletès, lediglich der endlose Strom aus heißem Wasser verzerrte das Bild. Sam spritzte zum zweiten Mal ohne Vorwarnung ab.
»Es tut mir leid«, keuc
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Kommentare
Kommentare: 26
Ich wünschte sie wäre länger :)
Weiter so und schnell Nachschub bitte ;)
Schon mal daran gedacht n Buch zu schreiben?
Nachtrag vom 5.11.
Und wenn ich das schon sehe: "6 eingereichte Geschichten" dann bin ich guter Dinge, dass du die Geschichte noch lange weiterschreibst oder auch was neues anfängst *freu*«
Kommentare: 13
Kommentare: 32
Kommentare: 50
Schöne Reihe mit Suchtfaktor !!!«
Kommentare: 76
der Spannungsfaden ist immernoch schön stark gespannt .
Danke«
Kommentare: 28
Kommentare: 16
Kommentare: 3
Das ich mir wünsche, dass die Geschichte weitergeschritten wird, versteht sich wohl von selber - Bitte!«