Kuschelwetter - Teil 6
von MarcLelky
Kapitel 1 – Die Rückreise
Ich fragte mich, ob Angelina wohl auf dem Bahnsteig auf mich warten und wie die Begrüßung ausfallen würde, als sich der Zug schön langsam dem Endbahnhof an der Ostküste näherte. Die stundenlange ruhige Fahrt hatte ich genossen, schließlich waren die letzten Tage anstrengend genug. Angelo hatte das etwas ramponierte Gehäuse mit dieser Energiequelle wieder in das Schiff eingebaut, und zu meiner Überraschung ließ es sich auch wieder starten. Wir hatten gedacht, es vor Einbruch der Dunkelheit zu schaffen, wenn wir am frühen Vormittag aufbrachen, unsere Sachen zusammengepackt und waren losgefahren, diesmal um die Sandbank herum. Als die pralle Sonne schon verschwunden war, waren wir immer noch mitten auf dem Meer. Doch in der Ferne erblickte ich etwas – ein Licht, das etwas erhöht zu sein schien. Immer mehr zeichnete sich eine riesige Felswand vor uns ab, und mir wurde klar, wozu der gemauerte Turm überhaupt gedacht war.
Nach dem langen Aufstieg über die Steintreppe hatten wir es sogar noch bis zur Stadt im Landesinneren geschafft, wo wir bei der dortigen Bar sogar wieder diesem spanischen Typen vom letzten Mal begegneten. „Darf ich vorstellen ...“ brauchte ich nicht zu sagen, denn die beiden hatten schon angefangen, sich zu unterhalten. So stieg ich dann also allein in einen Zug, schließlich musste auch ich ihm seine Freiheit zugestehen. Ich hatte sogar noch eine Funkverbindung zu Angelina bekommen, so dass wir uns etwas unterhalten konnten.
Wir wurden langsamer, und zischend und quietschend blieb das Gefährt ein paar Meter vor dem Ende der Schienen stehen. Ich trat auf den Bahnsteig und ließ meinen Blick umherschweifen – bis ich Angelina in der Menge erblickte. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, und ich gab ihr zuerst nur die Hand. Es war sie, die mich zuerst küsste, so dass ich dann ein paar Meter weiter in einer ruhigeren Ecke meine Arme um sie legte und sie fest an mich drückte.
Ja, es ging mir gut und es war alles in Ordnung, trotz abgerauchtem Sender auf der Insel. Sie erzählte mir davon, mit Alejandro über eine Verbindung ins Internet in Kontakt zu sein – der hatte auch erst einmal genug und wollte zuhause ein paar Dinge erledigen.
„Möchtest du mich begleiten, in deine Welt? Ich würde gern etwas nachforschen“, sagte sie noch in der Bahnhofshalle.
„Ja, was denn? Jetzt sofort?“
„Ich möchte Alejandro besuchen – und herausfinden, wie die Daten über die Portale überhaupt in Umlauf gekommen sind.“
„Na ja, ich sollte sowieso wieder einmal nachsehen, ob bei mir zuhause alles in Ordnung ist.“
Sie sah sich um, ob jemand in der Nähe war – und wir gingen durch den zum unterirdischen Bahnsteig führenden Eingang, von dem aus wir zum stabilisierten Portal im Norden gelangen würden. Die Reise war wie üblich, die rasende Fahrt über die nördliche Bahnstrecke, der Aufzug – wo sich zunächst einmal nichts tat, als wir den kurzen Verbindungsgang durchquert hatten.
Doch so wie sie mir das erläuterte, war der untere Teil des Schachtes mit einem mehrere Meter dicken Steinblock verschlossen, so dass man auch bei Wartungsarbeiten kaum etwas entdecken würde. Ich glaubte ein dumpfes Geräusch zu hören, bis sich die Schiebetüren schließlich doch noch öffneten, und die Kabine, wenn auch mit einem leichten Zittern und Brummen, mit uns nach oben fuhr. Wir gelangten wieder in den Gang der U-Bahn-Station, wo wir uns zuletzt im tiefsten Winter begegnet waren. Zwar hätte ich daran denken sollen, eine längere Hose anzuziehen, andererseits schien helles Sonnenlicht vom Eingang her in die Station, und als wir einen Schritt auf die Straße hinaus machten, standen wir zwischen bunt verfärbten Bäumen.
In der U-Bahn saß uns gegenüber eines dieser Paare, die auch in aller Öffentlichkeit und im dichten Gedränge ihre Zuneigung demonstrieren wollten. Sonst war ich darüber immer etwas frustriert, oder setzte mich auch genervt auf einen anderen Platz, wenn es nicht allzu voll war, aber diesmal konterte ich einfach, berührte Angelina vorsichtig mit einer Hand, und spürte Sekunden später auch schon ihre Lippen auf meinen. Die beiden anderen hörten auf einmal auf und hatten nur noch ihre Hände übereinandergelegt, bis sie an der nächsten Station ausstiegen.
Zuhause hatte ich erst einmal die Gelegenheit, meine E-Mails zu lesen, das Handy aufzuladen, ein paar Leute zu beruhigen und einige Sachen zu klären. Ein mehr oder weniger guter Freund, auch eine Art Geschäftspartner von mir, war wieder einmal auf der Suche nach einem wirklich interessanten Artikel. Zu erzählen hatte ich ja genug, glauben würde es ohnehin kaum jemand und ich musste ja nicht alles ausplaudern, aber ob ich mich darauf einlassen sollten? Angelina fragte, ob sie einmal meinen Computer verwenden dürfte – und wirkte ein paar Minuten später fast etwas traurig.
„Was ist denn?“, fragte ich sie.
„Alejandro sagt, er hat keine Zeit.“
„Also wegen einer anderen Frau wird es nicht gerade sein, und er war ja auch eine Weile weg und wird ein paar Sachen zu erledigen haben.“
„Ja, wahrscheinlich, aber ...“
Eine Weile suchte sie noch herum, fand aber auch keine Spur dieser Website mit der eingescannten Buchseite, nur diese seltsamen Seiten über Dimensionsportale in der Lagune von Venedig, oder über eine Zeitmaschine, die angeblich im Vatikan im Keller stand. Sie klappte den Notebook-Deckel zu, sah sich etwas um, und ließ sich auf mein Bett fallen. Vor ihr stehend, legte ich mich über sie, sah die Rundungen unter ihrem T-Shirt aus nächster Nähe, wir sahen uns direkt in die Augen – doch ihr Blick sagte mir, dass das vielleicht keine gute Idee war. Ich löste mich von ihr, wir lagen noch etwas nebeneinander, und ich beschäftigte mich noch etwas mit dem Internet.
„Schau dir das an!“, sagte ich nach dem Öffnen einer E-Mail zu Angelina und nahm sie an der Hand. Jemand, den oder die ich nicht kannte, kannte womöglich meine Adresse aus dem Forum mit den Koordinaten, hatte mir ein Bild einer anderen Buchseite geschickt und nur knapp geschrieben, vielleicht ein paar interessante Dinge für mich zu haben. Offenbar war es ein Antiquariat, in dem die Sache vor ein paar Monaten aufgetaucht ist, der Ort musste soweit mir bekannt an die 100 Kilometer von hier sein – und es hörte sich nach etwas mehr an als „hallo, ich habe da ein interessantes Buch auf dem Flohmarkt entdeckt“.
Sie stand mit leicht offenem Mund neben mir, ich nutzte es nicht aus, und Momente später stritten wir uns beide kurz darum, wer von uns eine Antwort schreiben sollte, und ob wir überhaupt eine schreiben sollten.
„Fahren wir hin, oder was meinst du?“, fragte sie.
„Heute? Bis wir dort sind … und dann ist sicher nicht mehr offen.“
„Ich könnte ja bei dir übernachten, und morgen sehen wir weiter.“
Dass sie keinen BH trug, konnte ich zwar beim Massieren ihres Rückens unter ihrem T-Shirt feststellen, zumindest entdeckte ich dort keinen Verschluss, aber viel weiter wagte ich mich erst einmal nicht vor, als wir wieder nebeneinander im Bett lagen, ich in Boxershorts. Doch es war, wie wenn mich eine unsichtbare Mauer davon abhielt, sie ganz langsam und zart zu küssen, oder womöglich auch sie mich. Dabei wäre ich ja froh gewesen, schon früher einmal bei einer Frau so weit gekommen zu sein, und nicht nur einige wenige Male eher durch glückliche Zufälle. Trotzdem kam es mir vor, wie wenn etwas anders wäre. Gab es in der Kuschelwetter-Welt womöglich eine Strahlung, die Frauen locker und unverkrampft machte, und die Männer noch lockerer? Aber andererseits, welche hätte schon einfach so bei mir übernachten wollen, noch dazu im gleichen Bett?
Angelina schien schon zu schlafen und war in die Bettdecke eingewickelt, ich nur so halb, und konnte trotz Müdigkeit nicht so wirklich schlafen. Die Unterhose hatte ich ausgezogen und auf den Boden geworfen, weil sie mich ja doch nur einengte. War es zuvor nur ein Gefühl, wie es mich auch schon das eine oder andere Mal auf einer Tanzfläche ereilt hat, so war ich jetzt, als sie direkt und doch unerreichbar neben mir lag, voll auf der Höhe. Ich massierte mich mit beiden Händen, wanderte hinunter zu meinen Oberschenkeln, stellte mir vor, das bei ihr zu machen, und bewegte meine rechte Hand wieder etwas nach oben. Von der Ausstrahlung der Frau neben mir war ich felsenfest überzeugt, und sehr lange dauerte es nicht, bis es mich durchschüttelte, und ich die Taschentücher neben meinem Bett gut brauchen konnte.
In der Nacht träumte ich davon, noch einmal mit ihr von der geheimen Station nach oben zu fahren. Sie sagte wieder etwas von einer Grenzschicht und weiterer Raumdimension. Etwas fühlte sich nicht ganz richtig an, also ging ich mit ihr in den Aufzug zurück und wusste auf einmal ganz genau, welche Tastenkombination ich drücken musste. Es wurde kurz dunkel und dann wieder sehr hell, und als sich die Türen wieder öffneten, drehte sich an der Decke der Halle langsam eine Disco-Kugel zu funkiger Musik. Wir nahmen uns an der Hand, legten einen Tanz hin – doch etwas riss mich aus dem Schlaf, und ich realisierte, wo ich wirklich war. Im Halbschlaf stellte ich mir vor, wirklich mit ihr zu tanzen, und rückte einen Hauch näher an sie, um bald wieder neben ihr einzuschlafen.
Kapitel 2 – Alte Schriften
Am nächsten Morgen gingen wir die Sache recht gemütlich an, zumindest empfand sie es nicht gleich als eindeutiges Zeichen, als wir uns im Badezimmer kurz komplett nackt begegneten. Ich schaute mich auch noch um, ob ich vielleicht eine lange Hose und etwas wärmere Sachen für sie hatte, weil es doch schon etwas kühl war, und auch das gestern noch ganz freundliche Herbstwetter an diesem Tag schon mit dichten Wolken durchsetzt war.
Auf dem Bahnhof drückte ich uns eine Fahrkarte für zwei Personen aus dem Automaten, der Zug war auch recht pünktlich, und wir fanden einen sehr gemütlichen Platz in dem noch eher spärlich besetzten Waggon. Die planmäßige Ankunftszeit hatte ich gar nicht genau im Kopf, aber viel länger als eine Stunde sollte es nicht dauern.
„Ich weiß nicht, wie ich es genau sagen soll“, sagte Angelina nach ein paar Minuten Fahrt, „aber irgendetwas ist anders.“
„Willkommen in meiner Welt! Aids, Syphilis, kalter Wind, dichte Wolken, und die nächsten vier Monate wird es noch schlimmer werden.“
„Nein, das ist nicht was ich meine, es ist wie wenn du etwas anders wärst.“
„Anders als andere Männer? Kann schon sein.“
„Darf ich dir etwas erzählen?“, sagte sie mir halblaut ins Ohr. „Wegen gestern … ich war mir nicht sicher ob du Lust gehabt hättest … und dann habe ich eben allein ...“
„Was, du auch?“, sagte ich etwas lauter.
Wir sahen uns fast eine halbe Minute lang an, während die tiefherbstliche Landschaft vorbeizog.
„Ich wollte nicht zu aufdringlich sein, dich nicht verärgern ...“, sagte ich.
„Aber du bist nicht aufdringlich, ist ja ganz natürlich wenn du Lust hast. Gut, ich habe schon Männer getroffen, die waren sehr komisch, und mir ist alles vergangen, aber bei dir ...“
„Gut, darf ich dir etwas sagen“, sagte ich, nachdem ich kurz tief Luft geholt hatte, „es heißt ständig, zumindest in dieser Welt, alle Männer wollen immer nur Sex haben, die sind ja so primitiv, und dann immer dieses – Entschuldigung – Herumgezicke und Herumgerede, wenn man überhaupt was erreicht.“
„Ja, du hast Recht, es ist nicht so, dass ich mit allen würde, aber wenn ich möchte, und jemand ist mein Typ, was ist schlimm dabei? Und du bist mein Typ.“
„Oh, dann hätten wir das auch geklärt“, sagte ich noch etwas ernst, bis sich unsere beiden Gesichter zu einem Lächeln verzogen, und wir die Hände aufeinander legten.
* * *
„Die Fahrkarten bitte“, sagte auf einmal jemand, als wir höchstens noch ein paar Kilometer vom Zielbahnhof entfernt waren. Es war selten, dass zweimal jemand durchging und die Karten markierte, ob bei einem Zwischenhalt das Personal abgelöst wurde? Beiläufig gab ich dem Schaffner die Karte, während ich mich mit Angelina über die Landschaft unterhielt.
„Die ist leider nicht gültig.“
„Aber die habe ich vorhin erst gekauft – und Ihr Kollege hat auch nichts gesagt.“
„Ich weiß nicht, was Sie da gemacht haben, aber die Karte ist ungültig. Das muss ich noch klären, aber es wird Konsequenzen haben. Moment ...“, sagte er, als hinter einer Zwischentür jemand etwas rief.
Sie und ich sahen uns wortlos an, sie machte eine „Was machen wir jetzt?“-Geste, und als der Mann mit schnellen Schritten in Richtung der Tür ging und ich merkte, dass der Zug langsamer wurde, sah ich noch einmal schnell in alle Richtungen, ihr tief in die Augen, reichte ihr meine Hand – und wir sprangen auf und rannten ans andere Ende des Wagens. Die Zwischentür dort hinter uns gelassen, glaubte ich noch ein „Hey!“ zu hören, und sah ich mich um. Ich riss an der Vorrichtung, welche die Tür im Notfall öffnete, es tat sich wirklich etwas – und vor uns zog das Gleis für die Gegenrichtung so schnell vorbei, dass man gerade noch herunterspringen konnte, oder auch nicht. Sie sah auch hinaus und nach unten, blickte mir in die Augen, drückte sich fest an mich, und unsere Lippen pressten sich eine Sekunde lang aufeinander, während mein Herz noch schneller raste. Wir nahmen uns an der Hand, links und rechts war nichts zu sehen – und sprangen. Sekunden später realisierte ich, mich gerade so gefangen zu haben. Sie war gestürzt, stand aber sofort wieder auf, wir liefen vom Bahndamm hinunter und stiegen über einen niedrigen Zaun. Als ich mich umdrehte, sah ich den Mann bei der geöffneten Tür stehen und noch einmal „Hey!“ brüllen, doch der Zug fuhr einfach weiter, und wir gingen durch eine Tür in ein zweistöckiges Gebäude und standen in einem breiten Gang. Vielleicht eine Sporthalle? Niemand war zu sehen, und wir gingen erst einmal in eine halbdunkle Ecke, atmeten immer noch schnell und wollten uns einfach nur beruhigen. Ich kam ihr ein paar Zentimeter näher, als sie so vor mir stand, und klopfte ihr etwas auf den Rücken.
„Ist ja alles gut“, sagte ich, und küsste sie diesmal viel, viel länger, als sie sich mit mir an die Wand lehnte.
„Das war schon richtig, der war sicher nicht echt“, sagte Angelina, als sie sich schon halbwegs beruhigt hatte.
Eine große Doppeltüre führte zur Straße hinaus. Zwar wehte uns etwas kühler Wind entgegen, aber wenigstens war es sehr sonnig – doch wie lange noch? Laut der Landkarte auf meinem Handy waren wir noch etwa 2 Kilometer von diesem Ramschladen entfernt, oder was auch immer es war, wenn die Adresse stimmte.
* * *
Jemand saß bei einem Ladentisch neben dem Eingang, war mit etwas beschäftigt und dürfte die kleine Glocke bemerkt haben, die beim Öffnen der Tür ertönte, doch er beachtete uns erst einmal nicht. Er sah wie ein Altstudent aus, hatte einen kunstvoll gepflegten Bart und etwas längere Haare – und ihr Blick blieb etwas länger als einige Momente bei ihm hängen. Neben ein paar offenen Kartons mit Ramsch im Eingangsbereich fiel unser beider Blick bald auf die Holzregale mit verstaubt und etwas zerfleddert wirkenden Büchern. Sie blickte konzentriert zwischen den Regalreihen hin und her und versuchte wohl ein System zu erkennen.
Der Inhaber, vielleicht auch ein Angestellter oder eine Aushilfe, stand doch noch auf und kam auf uns zu. Als sich Angelina gerade umdrehte, und sich ihre Blicke trafen, wäre er fast mit dem Fuß an einem Bücherregel hängengeblieben. Sie lächelte ihn kurz an und suchte dann weiter herum.
„Haben Sie auch Bücher von 18 … irgendwas?“, fragte ich ihn.
„Ja ...“, antwortete er, ging etwas weiter und fuhr mit einem Finger die Bücher entlang, „nicht viele, aber … ja, hier“, sagte er und blieb damit an einer Stelle stehen. „Moment“, sagte er auf einmal, „geht es … um dieses Portal zwischen den Welten?“
„Wir haben uns darüber geschrieben – denke ich.“
„Ich wünschte mir, ich könnte die ganze Geschichte glauben, aber ich war schon einmal dort, die Karte ist ziemlich genau, aber dort war nichts außer ein paar Felsbrocken.“
„Sicher bin ich mir noch nicht ganz, aber es gibt vielleicht eine Möglichkeit, den Übergang zu öffnen.“
„Und die wäre?“
Sie stellte sich dicht neben mich, ich legte meinen Arm um sie, und mein Mund bewegte sich langsam auf ihren zu, um ihr ein kurzes Küsschen zu geben. Ich spürte, wie ihre Hand meinen Körper entlangwanderte, weiter nach unten – bis sie sie dann umso schneller wieder wegzog. Der Mann sah uns beide mit leicht offenem Mund an, um dann nur kurz „Aha“ zu sagen.
An der angedeuteten Stelle zog sie ein Buch mit einem zerschlissenen Leinen-Einband heraus und blätterte es durch. Den Titel konnte man kaum lesen, aber es waren einige Illustrationen zu sehen, die mich an etwas erinnerten.
„Oh“, sagte er, „von dem habe ich vor einiger Zeit ein Exemplar verkauft, da hat sich jemand sehr dafür interessiert.“
„Was würde es denn kosten?“, fragte ich.
Er sagte nichts, sah nur Angelina tief in die Augen, und ich war mir nicht sicher, wer von beiden zuerst angefangen hatte. Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde von ihm erwidert, und überhaupt bemerkte ich jetzt erst so richtig, dass er nicht besonders viel an hatte. Zwar war es in dem Geschäft nicht kalt, aber er wollte wohl so wie ich den Sommer möglichst lange in den Herbst hinein mitnehmen. Sehr langsam, Schritt für Schritt, kam er auf sie zu und setzte dazu an, ihr die Hand zu reichen, zog sie dann aber schnell wieder zurück. Doch sie kam auch zwei Schritte auf ihn zu, gab ihm die Hand, ließ sie nicht mehr los, und strich mit ihrer anderen über seine Schultern.
„Ist das jetzt ein unmoralisches Angebot?“, sagte ich halblaut und sah beide abwechselnd an.
„Vielleicht“, sagte sie, und fixierte so lange ihren Blick auf mich, bis ich mit den Schultern zuckte.
Er sah sich um und wirkte dabei etwas nervös, aber außer uns war niemand hier, und so schnell würde sicher auch niemand vorbeikommen. Dort wo wir gerade standen, war es etwas dunkel, doch an seiner Hose zeichnete sich schon ab, was sie mit ihren Blicken angerichtet hatte. Im nächsten Moment blieb ihm die Luft weg, als sie ihn plötzlich küsste, doch als sie sich lösten, war er schon wieder entspannter und erwiderte das viel zarter.
Sie tastete sich mit einer Hand an ihm vor, und seine Hose, die bis zu den Knien ging, hatte dem nicht viel entgegenzusetzen. Mit beiden Händen zog sie diese hinunter und hielt nun in der Hand, was sie vorher nur ertasten konnte. Noch einmal bewegten sich ihre Lippen aufeinander zu, und sie forderte mit ihrer Zunge auch seine heraus, doch dann ging sie etwas hinunter, bis sie auf seine nackte Haut traf. Sein kurzer, halblauter Aufschrei kümmerte sie nicht, stattdessen lockte sie mich mit einem Zeigefinger zu sich hinüber, um sich gleich mit ihrer anderen Hand in meiner schon etwas geöffneten Hose zu bedienen.
Angelina stand auf, so dass sie nun in der Mitte zwischen uns beiden vor dem Regal stand und wir beide ihren festen Griff spürten. Er ging immer wieder leicht in die Knie und verzog sein Gesicht, während ich sie sanft berührte. Seine Hand traf auf meine, als er auch gerade unter ihrer Kleidung ihre Rundungen erkundete, doch im nächsten Moment zog er sie hektisch wieder weg, und ich hörte nur noch seinen spitzen Schrei. Obwohl etwas schwierig, zog ich meine Hose erst einmal wieder an, als sie mich los ließ, und mir ihr Blick „heben wir uns das für später auf“ verriet. Immerhin, sie hatte das Buch unter dem Arm, und wir versprachen noch es ihn wissen zu lassen, falls wir etwas herausfinden sollten.
Draußen vor dem Geschäft hatte sie eine Seite aufgeblättert, die man mit etwas Fantasie als Landkarte der Gegend hier interpretieren konnte. Die Bahnlinie gab es natürlich noch nicht, aber die Ortsnamen waren eingezeichnet und schienen sehr exakt mit den heutigen Ortszentren übereinzustimmen – und ein Symbol, das an ein Tunnelportal erinnerte, noch einmal geschätzte 30 Kilometer von hier.
„Was meinst du?“, fragte ich sie.
„Also mit der Bahn fahre ich heute nicht mehr.“
„Es gibt sicher einen Bus dort hin“, sagte ich, und zeigte auf eine Haltestelle auf der anderen Straßenseite.
* * *
Wir standen auf einer Art Hauptplatz, und ich hatte den Ort bisher nur vom Namen her gekannt. Ein paar Geschäfte schienen noch geöffnet zu haben, und am Ende der geradlinigen Straße, die der Linienbus weitergefahren war, konnte man das Ortsende und einen Wald erahnen. Es war schon etwas kühler geworden, auch der Wind war nun wieder stärker, und ich steckte die Hände in meine Hosentaschen und fragte mich, was ich hier überhaupt machte. Es war Angelina, die auf einen etwas unscheinbaren Schriftzug „Hotel“ an einer Wand zeigte. Hand in Hand ging sie mit mir darauf zu, und ließ mich erst wieder los, als wir vor dem als Rezeption dienenden Tisch standen. Eine Dame sah uns etwas emotionslos an, konnte uns aber einen Schlüssel für ein freies Doppelzimmer in die Hand drücken. Immerhin, es sah recht gemütlich aus und hatte ein Bad.
Ich sperrte die Tür zu, legte den Schlüssel auf einem kleinen Tisch ab, warf mich auf das Doppelbett und streckte meine Arme von mir – und ich musste sie etwas auffangen, als sie vor mir stand und sich nach vorne fallen ließ. Ihre Oberweite war mir ja absolut nicht fremd, aber es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor, als sie mir zuletzt so nah war. Wieder sah sie mir tief in die Augen, gab mir ein Küsschen, ich ihr eines zurück, und beim nächsten tasteten sich unsere Zungen aneinander und verhakten sich fast. Mit beiden Händen griff ich unter ihr T-Shirt, massierte ihren Rücken und nicht nur diesen, presste sie fest an mich, sie versuchte auch meinen Rücken zu erreichen – und mit einem Mal drehten wir uns zur Seite, und ich war oben. Doch lange ließ sie sich das nicht gefallen, wie mir ihr stechender Blick verriet, und einen plötzlichen Kuss später wälzte sie sich auch schon wieder zurück.
Angelina legte zuerst ihren Oberkörper frei, und auch mein Gewand lag bald neben ihrem auf dem Boden. Sie wollte schon tiefer gehen und an meiner Hose zerren, doch ich überwältigte sie, drehte mich wieder um, und fixierte sie mit beiden Händen unter mir auf dem Bett. Wir lächelten uns an – und sie ließ mich ihre Hose öffnen und widerstandslos bei ihr in den Keller gehen, wo es glatt und rutschig war. Der Gedanke daran, hier womöglich noch ein bisschen etwas von dem zurückzubekommen, was ich ihr einmal gegeben hatte, ließ es bei mir sehr eng werden.
Es war nun sie, die mich packte und auf den Rücken legte, meine Anspannung bemerkte, an meiner Gürtelschnalle zerrte, auch gleich an meiner Hose, und nach zwei Sekunden Zögern auch die Zeltplane darunter wegzog. Als ihre Lippen nach unten wanderten, ging ein Zucken durch mich, und ich musste kräftig durchatmen.
„Warte“, sagte ich etwas nervös, als sie sich über mich setzten wollte.
„Was ist denn?“
„Wir sind … hier in der wirklichen Welt, ich würde schon lieber mit ...“
„Ach komm schon … aber gut, wenn du konsequent bist ...“
„Andererseits, von wem sollte ich mir was geholt haben?“
Fast schon wollte ich ihren Körper mit beiden Händen packen und vollenden, was sie angefangen hatte, doch sie stieg von mir, kramte in meiner Hose – und hielt mir ein verpacktes Kondom vor das Gesicht.
„Oh, mein letztes.“
Zwar war meine Stimmung kurz etwas auf Halbmast gewesen, doch das änderte sich, als sie wieder über meinen ausgestreckten Beinen war und mich mit ihren glatten Oberschenkeln berührte. Vorsichtig hatte sie das Stück Latex verwendet, wofür es gedacht war, griff kurz noch mit ihrer zarten Hand zu, um dann von oben bei mir anzudocken und sich langsam niederzulassen. Ich lag einfach nur unter ihr und ließ es geschehen, bis ich mich ihr dann doch etwas entgegen bewegte. Wir trennten uns, und ich bettete sie auf den Rücken, während ihr Kopf im Polster versank und etwas zurückgeworfen war, nur um mich dann umso schneller wieder mit ihr zu verbinden. Es war ein „nicht schlecht“-Gesichtsausdruck, den ich bei ihr für einen Moment zu erahnen glaubte, doch das kümmerte mich jetzt nicht viel, ich wollte sie einfach nur für mich haben und mir rücksichtslos nehmen, was ich von ihr wollte. So kannte ich mich selbst kaum, aber ob ihre Schreie und ihr verzerrtes Gesicht vielleicht zu viel Schmerz bedeuteten, kümmerte mich in diesem Augenblick nicht wirklich. Doch ich kam wieder zu mir, und ihr Blick verriet mir, dass ich für uns beide auf dem richtigen Weg war, als ich mich mit mit der linken Hand an ihrem weggestreckten Bein festhielt, während sich meine andere anderweitig vortastete.
Ich war bereit, legte an Tempo zu – als Angelina plötzlich einen heftigen Schrei ausstieß und sich verkrampfte. Mehr hatte ich nicht gebraucht, um den Gipfel zu erreichen, ich ließ einfach los, um gemeinsam mit einer weiteren starken Zuckung von ihr zu beben und ihr alles zu geben, was ich hatte.
Zwar löste ich mich von ihr, aber wir blieben noch sehr lange übereinander liegen. Ich strich durch ihr Haar, bedachte ihre Lippen mit Küssen, und als wir mit verschlungenen Beinen wieder nebeneinander lagen, massierte sie langsam mit einer Hand meinen Oberkörper. Doch sie erinnerte sich auch wieder daran, weswegen wir überhaupt hier waren, und schlug das Buch wieder auf.
„Glaubst du, dass es echt ist?“, fragte sie mich.
„Wenn es ein Nachdruck ist, ist der auch schon älter, aber die Rechte müssen sowieso schon abgelaufen sein.“
„Also hier steht“, sagte sie und zeigte auf eine Textstelle mit einer Zeichnung daneben, „dass hier und in deiner Stadt etwas nach dem Jahr 1800 Übergänge in eine andere Welt entdeckt worden sind. Beste Lebensbedingungen, immer gutes Wetter, alles friedlich und gehobene Stimmung.“
„Wie das wohl gemeint war?“
„Ja, ja – und auch von anderen Stellen in anderen Ländern wurde berichtet, aber das konnte nicht bestätigt werden, geglaubt hat es sowieso niemand. Doch eines Tages waren die Portale kaum noch passierbar.“
„… und das Ganze ist in Vergessenheit geraten, so etwa bis 1970, und eben jetzt wieder.“
„Wie kommst du darauf?“, fragte mich Angelina etwas erstaunt?
„Was auf dieser Insel installiert war, hat zumindest danach ausgesehen – ach ja, du musst unbedingt einmal dort hin fahren.“
„Ich habe Angst“, sagte sie, legte das Buch weg, und ich hielt ihre Hand. „Wir sollten es lassen und zurückfahren, was soll dort schon sein außer noch ein Haufen Steine? Andererseits ...“
Ich lächelte sie an, und sie wusste wohl, dass ich „Aha, du bist doch neugierig“ sagen wollte.
„Wenn wir schon hier sind … aber das bei der Bahnfahrt ...“, sagte sie.
„Vielleicht wollte sich nur jemand einen Spaß machen, oder es war irgendein Verrückter.“
„Aber du hast geglaubt, da ist mehr dahinter.“
Nach einem Moment Stille sagten wir gar nichts mehr, dafür bewegten sich unsere Lippen wieder aufeinander zu, und ich drehte mich seitlich zu ihr hinüber. Ihre nackte Haut rieb an meiner, und ich hatte das Gefühl, wie wenn sie gerade wieder am Aufblühen war, und mich fast mehr zu ihr zog, als ich sie zu mir. Zwar hatte sie bei mir gerade erst ein Feuerwerk gezündet, doch ein bisschen etwas regte sich doch wieder, als sie auch seitlich zu mir gedreht war und wir uns umklammerten.
„Das war mein letztes vorhin, du weißt es.“
„Wir könnten ja schauen, ob wir noch welche bekommen, und ein bisschen etwas essen würde ich auch gern.“
Sehr langsam lösten wir uns voneinander, und gingen zur Duschkabine im eher behelfsmäßig abgetrennten Badezimmer. Ich probierte, ob das Wasser eine angenehme Temperatur hatte, während sie hineinstieg und ich etwas ihren Rücken massierte. Wir standen uns dicht gegenüber, nachdem ich zu ihr gestiegen war, doch in die Knie ging erst einmal niemand von uns.
Die Frau bei der Rezeption beachtete uns kaum, und mit meiner dünnen Jacke ging es draußen gerade noch, als wir auf die Straße traten. Angelina zitterte aber etwas vor Kälte. Am Ende des Hauptplatzes strahlten die beleuchteten Fenster eines Lokals in der Abenddämmerung, und trotz der eher einfachen Ausstattung fanden wir einen gemütlichen Tisch in einer Ecke. „Bin gleich zurück“, sagte ich nach unserer Bestellung, und nachdem die Toilette sauber und der Automat in Ordnung wirkte, vertraute ich ihm eine Münze an und kaufte ein Päckchen. Diesmal könnte es doch noch nützlich sein.
Wieder auf dem Zimmer angekommen, wussten wir beide, dass wir diesmal nicht halt machen würden. Ich schlief die ganze Nacht durch, und am nächsten Morgen zeugte die zweite geöffnete Kondomverpackung davon, dass wir gestern wirklich noch in Stimmung gekommen waren.
Kapitel 3 – Das andere Portal
Im spärlich durch die Wolken dringenden Sonnenlicht war es gerade noch erträglich, als wir am nächsten Tag die Straße entlang gingen, aber immerhin wärmten sich unsere Hände gegenseitig. Nach den letzten Häusern führte ein Feldweg neben der Landstraße, und am Waldrand ließ ein kühler Windstoß die Blätter der Bäume rascheln, die in bunten Herbstfarben und noch nicht ganz kahl da standen. Wenn man über die gezeichnete Karte einen aktuellen Plan legte, so war es sicher nicht allzu schwierig, die Koordinaten ziemlich genau herauszubekommen, aber dieses eingezeichnete Portal konnte so oder so nicht mehr weit von hier sein.
Der zuvor flache Waldboden wurde etwas hügeliger, der Weg machte einige Biegungen – und nach der nächsten standen wir vor etwas, das wie eine kleine Höhle aussah und in eine Böschung hineinführte. Mein Puls wurde etwas schneller, aber das lag auch daran, dass mir Angelina um den Hals gefallen war und ihre Zunge langsam in meinem Mund versenkt hatte. Wir sahen es uns genauer an, berührten gleichzeitig die Wände, und zumindest mir kam es so vor,wie wenn ich eine gewisse Wärme spüren würde, nicht nur weil es windgeschützt war.
Schritte waren zu hören, ich zuckte zusammen, und wir versteckten uns zwischen den Felsen.
„So trifft man sich wieder“, sagte eine laute Stimme – sie gehörte dem Schaffner, der wahrscheinlich keiner war.
„Ist es das? Sehr gut!“
Wir klammerten uns beide aneinander und blieben stumm, während er immer näher kam.
„Wisst ihr was das ist?“, sagte er, und zog etwas aus einer Tasche, das wie ein längliches Stück Eis aussah.
„Ach darum geht es“, sagte Angelina.
„Was?“, fragte ich etwas verwundert, auch wenn ich so etwas schon einmal gesehen hatte.
„Wir haben eines davon an der Ostküste an ein paar Kabel angeklemmt, das versorgt die ganze Stadt schon so lange ich mich erinnern kann, und wird nicht weniger.“
„Können wir das nicht friedlich klären?“, sagte ich.
„Seid ihr wirklich so naiv? Wisst ihr, was das bedeutet? Ich muss wissen, wo das Zeugs zu finden ist.“
„Oder was?“, meldete sie sich zu Wort, als er direkt auf sie zu kam.
Im nächsten Moment drückte sie ihn von sich weg, er stolperte über einen Ast und fiel auf den weichen Waldboden – während ich mich mit beiden Händen gegen eine Seite der Felswand drückte, und sie sich fest von hinten an mich presste. Dass er wieder aufstand, bemerkte ich noch, doch dann wurde mir für einen Moment schwarz vor den Augen, und alles fühlte sich wärmer an.
* * *
Etwas entfernt von mir lag eine große Wasserfläche, anscheinend ein See, und als ich zwischen den Felsen hervorkam, blickte ich auf das grüne Tal, das sich ein Stück weiter vorne erstreckte. In meiner Jacke war es mir zu warm. Ich zuckte zusammen, als ich eine Hand an mir spürte – es war Angelina. Sofort klammerte ich mich an ihr fest und ging mit ihr neben den Felsen in Deckung, aber auch Minuten später waren wir immer noch allein.
Wir gingen zum Seeufer aus Sand, hohem Gras und einigen Büschen, umarmten uns etwas zaghaft, blickten gemeinsam in den kräftig blauen Himmel, und ich ließ meine Jacke auf einem Stein zurück. Zwar war es durch den gelegentlichen leichten Windhauch angenehm, aber die Sonne brannte doch ziemlich herunter, während sich das klare Wasser recht angenehm anfühlte.
„Wo sind wir?“, fragte ich sie.
„Keine Ahnung.“
Sie befeuchtete mit ihrer Zunge langsam ihre Lippen, blickte mir noch einmal tief in die Augen, und ich berührte sie sanft und küsste ihre Lippen. Wir hielten uns an der Hand, stellten uns an die Uferlinie, sie griff in das Wasser, uns sie sah zuerst auf den See und dann auf mich. Angelina zog endlich das etwas dickere Sweatshirt aus, das ich ihr geborgt hatte, doch sie machte auch bei ihrem T-Shirt nicht halt. Ganz unbewusst hatte ich sie einige Momente lang angestarrt, doch dann begann ich mich auch auszuziehen, auch gleich meine Jeans und die Unterhose, und machte ein paar Schritte über den Grund aus Sand und kleinen Steinchen in das Wasser. Sie warf noch ihr Höschen an den Strand, folgte mir, stürzte sich in das Wasser und schwamm etwas hinaus.
Eine winzige Insel, die mir zuerst nicht aufgefallen war, nicht wirklich weit weit vom Ufer entfernt, lag links neben uns, und wir schwammen beide hin. Ich hielt mich an der etwas aus dem seichten Wasser herausragenden Landmasse fest, während Angelina neben mir stand. Ihre nasse Haut glitzerte in der Sonne, ich hielt ihre Hand fest, und wir standen einfach so da. Als sie zu mir hinüber und etwas nach unten blickte, konnte sie sehen, was sie bei mir bewirkt hatte.
Doch ich konnte auf einmal jemand am Ufer stehen sehen. Von der Insel aus sah er nicht wie dieser Mann von vorhin aus, aber wer war es dann? Er schien uns bemerkt zu haben, uns zu winken – und zog sich aus. Wieder hielten wir uns aneinander fest, als er nackt ins Wasser stieg und auf uns zu schwamm. Es war Alejandro, der dann durch das Wasser ging, als es schon zu seicht zum Schwimmen war.
„Hallo, wie geht es euch?“, schien er fast nicht überrascht zu sein, uns hier zu sehen.
„Du bist hier?“, sagte ich zu ihm, und reichte ihm die Hand. Er drückte fest zu, und zog sie langsam wieder weg, als sie ihn anlächelte.
„Wo bist du gewesen? Wo kommst du jetzt auf einmal her?“, fragte sie ihn.
„Zuerst habe ich noch ein paar Sachen erledigen müssen, aber dann habe ich etwas von der Sache mit dem anderen Portal mitbekommen, und dass euch möglicherweise jemand verfolgt. Dieser Ladenbesitzer hat mir dann auch noch erzählt, dass ihr an etwas dran seid.“
„So wie es aussieht, könnte der in nächster Zeit vielleicht auch noch durchkommen“, sagte sie.
„Was ist mit diesem komischen Typen?“, fragte ich ihn etwas aufgeregt.
„Es ist mir genau einer in diesem Wald entgegengekommen, aber der hat fast eher so gewirkt wie wenn er Trost braucht, weil sein genialer Plan doch nicht so durchdacht war. Ob es der war?“
Wir ließen einmal alles auf sich beruhen, und Angelina stellte sich nun zwischen uns und legte uns beiden eine Hand auf die Schulter. Zwar war meine Erregung inzwischen verschwunden, doch als sie durch meine leichten Brusthaare fuhr, ihre Hand weiter nach unten wanderte und mich auch noch küsste, verhärtete sich die Situation für mich wieder zusehends, und bei ihm war es nicht viel anders. Sie löste ihren Mund von meinem, küsste ihn, küsste wieder mich …
„Und was jetzt?“, fragte ich etwas ratlos.
„Ja ...“, wusste er auch nicht ganz die richtigen Worte.
Angelina holte kurz Luft. „Ich weiß es nicht … ihr seid beide süß.“
Wir legten einfach alle drei die Arme übereinander, standen in einem engen Kreis im Wasser, und Stille umgab uns. Doch dann lehnte sie sich an die steile Böschung der kleinen Insel, spreizte ihre Beine leicht und sah mich an.
„Wir sind nicht mehr in deiner Welt, oder?“, sagte sie.
„Wahrscheinlich“, sagte ich kurz und kam näher.
Meine Hände fühlten ihre Erhebungen, wanderten weiter an ihrem Körper herunter, tasteten sich vor, meine Haut berührte ihre – und im nächsten Moment kam ich ihr noch näher und verband mich mit ihr, so wie ich vor ihr stand. Er stellte sich neben sie, tastete sich vor, sie küsste ihn, doch dann musste sie auch schon einen halblauten Schrei der Lust loslassen und nach Luft schnappen. Sie griff fest bei ihm zu, sorgte dafür, dass er nun voll da war, und gab ihm ein Zeichen, sich schon einmal auf die Oberfläche des Inselchens zu legen.
Wir lösten uns voneinander, sie schwang sich fast schon lässig hinauf, und setzte sich über seine Beine. Er hatte seine Finger etwas glitschig gemacht und tastete sich damit bei ihr vor, und sie beugte sich über ihn und ließ ihn nun weiter unten ihre Lippen spüren. Angelina stützte sich an ihm ab, dirigierte ihn an sich heran und ließ sich mit einem Ruck auf ihm nieder, als sie sich tief in die Augen blickten, weiter vorne als ich erwartet hätte. Einige Momente später blieb sie auf ihm sitzen, und ihr Blick traf nun mich. Ich kniete mich auf den Boden, über seine zitternden Beine und hinter sie, und berührte sie dort, wo zuvor noch seine feuchten Finger gewesen waren.
Der Widerstand war bald gebrochen, als ich mich Stück für Stück mit ihr vereinigte, und nun schwommen wir alle drei auf einer einzigen großen Welle, die sich zusehends schneller bewegte und immer höher wurde. Sein Wimmern verband sich mit ihrem, seine Beine konnte er nicht still halten, und wir rieben uns alle aneinander.
Er wurde noch lauter, konnte sich kaum noch an ihr festhalten, auch sie wurde immer unruhiger – bis er ihrem Körper das gab, was sich vielleicht seit Tagen bei ihm gestaut hatte. Das gab auch mir den Rest, ich konnte nicht mehr zurück, fasste sie noch einmal an den Hüften, wurde noch rasender, schenkte ihr meinen Anteil, und löste mich völlig in ihr auf, als sie sich zusammen mit mir verkrampfte.
Wir entknoteten uns, als wir wieder zu uns gekommen waren, lagen übereinander, atmeten sehr schnell und schnappten nach Luft – und erst nach einer kleinen Ewigkeit schwangen wir uns ins Wasser und schwammen ans Ufer zurück.
Angelina hatte nicht einmal eine ungefähre Ahnung, wo wir waren, aber ich konnte spüren, dass uns hier keine Gefahr drohte, auch wenn ich noch nicht genau wusste, was mir dieses Gefühl sagen wollte. In einiger Entfernung, dort wo das grüne Tal begann, sah es so aus, als ob ein Fluss in den See münden würde, doch dort konnten wir später immer noch hingehen.
Fortsetzung folgt
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