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Kommentare: 8 | Lesungen: 1814 | Bewertung: 8.23 | Kategorie: Soft Stories | veröffentlicht: 30.11.2012

Neugier

von

Die Dame an der Rezeption händigte ihr lächelnd den Schlüssel aus und sie machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Ein Wunder, dass sie es überhaupt geschafft hatte, heil hier anzukommen, so sehr war sie in Grübeleien versunken gewesen.

Natürlich ging ihre Zimmertür nicht auf, sie hasste diese blöden Karten, die sie irgendwie immer falsch herum hielt und die Tür immer nur sehr widerwillig für sie zu öffnen schienen.

Das Zimmer war sehr geräumig und das Blut stieg ihr unwillkürlich in die Wangen, als ihr Blick auf das große Bett fiel. Völlig hotel-untypisch mit hölzernen Querstangen am Kopfteil. Sie verdrehte die Augen… das passte ja prima…

Schnell waren ihre Sachen ausgepackt, die SMS an ihn verfasst, dass sie gut angekommen war und ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch jede Menge Zeit hatte. Die würde sie nutzen, um noch kurz unter die Dusche zu springen.

Als sie unter dem heißen Wasser stand gingen ihre Gedanken wieder spazieren. Heute war der große Tag: Sie würde ihn endlich treffen. Noch nie hatte sie ein Ereignis so herbeigesehnt und sich gleichzeitig so sehr davor gefürchtet.

Sie hatten sich im Internet kennen gelernt, waren zufällig aufeinander gestoßen, hatten überraschenderweise Sympathie füreinander empfunden und waren in Kontakt geblieben. Sie war zutiefst fasziniert von ihm und hatte sich dennoch immer wieder zurück gezogen, Abstand genommen, um hinterher nur noch intensiver mit ihm zu schreiben.

Sie hatte damals oft Kontakt zu dominanten Männern geknüpft, war neugierig, wollte etwas über diese Spielart der Liebe erfahren. Und sie hatte viel erfahren… manchmal mehr als ihr lieb war. Und die Männer, die sie kennen lernte, waren ausnahmslos in zwei Kategorien zu unterteilen.

Es gab diejenigen, die sofort versuchten, sie zu »erziehen«. Manchmal spielte sie mit, um herauszufinden, wohin es führte. Aber sie nahm es nie ernst, wahrte innerlich Distanz und fand diese sogenannten »Herren« nach kurzer Zeit eher lächerlich. Nie würde sie einen solchen Mann respektieren können.

Die andere Kategorie hatte eine völlig kranke, sadistische Phantasie, diese Kontakte fand sie einfach nur beängstigend und beendete sie immer sehr schnell wieder. Niemals im Leben könnte sie auf diese Weise Vertrauen fassen und niemals würde sie sich einem Mann anvertrauen, dem nichts an ihr lag.

Als sie ihr Experiment schon als gescheitert erklärt hatte und sicher war, nicht die leisteste devote Ader zu haben, traf sie auf ihn. Er war anders! Selbst in der Welt der dominanten Männer schien er anders zu sein.

Er war sanft und geduldig, nur ganz selten fordernd. Beantwortete tausend Fragen und drängte sie niemals zu etwas. Zum ersten Mal schaffte es jemand ihr Dominanz und Devotion näher zu bringen… ein wenig Verständnis dafür in ihr reifen zu lassen. Aber MACHTE sie das auch devot? Wohl kaum. Und doch, wenn in ihr auch nur ein bisschen Bereitschaft steckte, es herauszufinden, würde sie jemals einen Besseren dafür finden?

Jetzt war sie hier. Und bereit für den nächsten Schritt? Seufzend stellte sie das Wasser ab und wickelte sich kopfschüttelnd in das bereitliegende Handtuch. Über ein gemeinsames Essen würden sie wohl nicht hinauskommen, dessen war sie sich ziemlich sicher.

Während sie sich die Haare föhnte, kam von ihm eine Nachricht, in der er ihr mitteilte, wohin sie kommen sollte. Seufzend tippte sie ihre Antwort. Das fand sie doch sehr anstrengend an DIESEM dominanten Mann, dass er einfach Beschlüsse fasste, Pläne änderte und sie niemals fragte, ob ihr das auch recht war.

Nicht zum ersten Mal wunderte sie sich, warum ihr das bei ihm so wenig ausmachte – jedem Anderen hätte sie das nicht so einfach durchgehen lassen! Sie fühlte sich nicht kommandiert – nicht von ihm – was sie gab, das gab sie gerne und es schien ihm immer zu genügen. Er schaffte es, dass sie sich sicher fühlte und merkwürdig umsorgt. Vertrauensvoll, aufgefangen, gehegt und doch frei.

Manchmal versuchte sie ihn zu reizen, aufzuziehen, aus der Reserve zu locken, in der Erwartung oder vielmehr Hoffnung, dass er die Maske fallen ließ und ein Gesicht zeigte, dass ihr helfen würde, diese Faszination abzulegen. Aber er schien so echt zu sein?!


Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er auch eine andere Seite hatte, die strafte, Schmerzen bereitete, vielleicht sogar quälte?! Das Wissen darum – er hatte keinen Hehl daraus gemacht – half ihr hierbei nicht weiter und obwohl sie befürchtete, dass früher oder später genau das sein Ziel war, vertraute sie darauf, dass er ihre Grenzen respektieren würde.

Lächelnd fischte sie ihren Slip aus dem Schrank. Dachte an das kleine Spiel zwischen ihnen, bei dem sie ihm täglich die Farbe ihrer Unterwäsche mitgeteilt hatte. Zunächst hatte sie es spaßig gefunden, doch bald dachte sie schon bei der morgendlichen Auswahl an ihn und an den Moment, wenn sie es ihm mitteilen würde. Als ihr das bewusst geworden war, hatte sie damit sofort aufgehört und dann hatte es sie kurioserweise gestört, dass er das einfach hingenommen, nicht danach gefragt hatte. Manchmal hatte sie das Gefühl, Teil eines großen Spiels zu sein, von dem nur er die Regeln kannte und bei dem er Stück für Stück ihr Terrain eroberte.

Heute hatte sie sich für ein sattes, dunkles Rot entschieden, ihre Lieblingsfarbe – schönes Material, schlichter Schnitt. So war sie, eher dezent, unauffällig, schüchtern und sicher nicht die Sorte Frau, die er bevorzugte. Warum er ihr trotzdem so viel Zeit widmete? Das hatte sie nie verstanden.

Kurz darauf stand sie an der vereinbarten Adresse und wartete, unfähig, sich gegen die Nervosität zu wehren. Sie versuchte, möglichst selbstbewusst und ruhig zu wirken, was ihr wahrscheinlich auf ganzer Linie misslang. Als das Handy in ihrer Tasche vibrierte, war sie so aufgeregt, dass es ihr mehrmals aus der Hand glitt, bis sie es endlich geschafft hatte, abzunehmen. Noch bevor sie etwas sagen konnte, hörte sie seine ungeduldige Stimme: »Endlich!«

Endlich? Immerhin stand SIE hier herum, während sich ihr Inneres verknotete und wartete auf ihn! Empört setzte sie zu einer Antwort an, als er leise lachte. Sie mochte es so sehr, wenn er das tat. Mit einem Schlag hatte sie vergessen, was sie sagen wollte.

»Ich kann dich sehen!« Sofort schnellte sie herum und suchte mit den Augen die Umgebung ab, aber erntete nur ein weiteres Schmunzeln. Mit kurzen Worten, die ihr mal wieder deutlich machten, dass er einfach so erwartete, dass sie seinen Wünschen nachkam, dirigierte er sie um zwei Ecken in eine ruhige Seitenstraße. Ein letztes Kommando: »Warte an meinem Auto und schließ die Augen!«, und schon hatte er aufgelegt.

Schon wieder stieg Unwillen in ihr auf, woher sollte sie wissen, welches Auto ihm gehörte? Doch bereits im nächsten Augenblick kapitulierte sie seufzend.

Noch ein kurzer Weg und dann stand sie neben dem schwarzen Cabrio und ließ die Finger versonnen über den Lack gleiten. Dieses hier, ohne Zweifel. Ihre Lider sanken herab und sie wartete.

Plötzlich stand er hinter ihr. Sie hatte ihn nicht kommen hören, aber nun spürte sie ihn, ihre Nase weitete sich, um seinen Geruch aufzunehmen. Eine sanfte Berührung an ihrem Hals, ein leises: »Du riechst gut!«, und wie selbstverständlich lehnte sie sich an ihn. Genauso selbstverständlich schlossen sich seine Arme um sie, zogen sie an seinen Körper in eine warme Umarmung.

Eine kleine Ewigkeit gab sie sich dem einfach nur hin und entspannte sich merklich. Doch dann löste er sich ein wenig von ihr, legte ihr ein weiches Tuch über die Augen und verknotete es. Sofort öffnete sich ihr Mund zum Protest, doch ihr verräterischer Körper bewegte sich nicht.

»Keine Sorge, vertrau mir!«

Ja klar, sowas machte sie quasi täglich. Und doch hielt sie still, während er ohne ein weiteres Wort die Autotür öffnete und sie sanft auf den Beifahrersitz schob. Die Tür fiel ins Schloss und kurz darauf stieg er auf der anderen Seite ein, startete den Motor und der Wagen setzte sich sachte in Bewegung.

Da saß sie nun. Die Gedanken rasten mit einer Geschwindigkeit durch ihren Kopf, dass sie ihnen kaum folgen konnte. Wohin fuhr er? Was wohl die Leute dachten, an denen sie vorbei fuhren? Sollte sie ihn fragen? Würde er antworten? Wahrscheinlich nicht. Er hatte sie mehrfach darauf hingewiesen, dass sie lernen müsste mehr Geduld zu haben, bestimmt hätte er Freude daran, das bei dieser Gelegenheit zu wiederholen.

Die Stille breitete sich weiter zwischen ihnen aus. Sollte sie etwas sagen? Angestrengt forschte sie in ihrem Kopf. Worüber unterhielt man sich wohl in einer solchen Situation? Am Besten wäre es wohl, wenn sie still wäre.

Plötzlich legte sich eine warme Hand auf ihre vor Nervosität verschränkten Finger. Er sagte immer noch kein Wort, aber trotzdem veränderte sich die Stimmung. Die Stille wirkte eher einvernehmlich als bedrohlich und sie konnte sich ein wenig beruhigen. Vorsichtig löste sie ihre Finger voneinander und zog eine Hand hervor, um sie behutsam auf seine zu legen. Das war gut und half ihr, sich noch etwas mehr zu entspannen. Wie konnte etwas schlecht sein, das sich so gut anfühlte?

Warum sie wohl hier war? Was SIE wollte, das wusste sie, aber worum ging es ihm? Sie hatte nie verstanden, warum er so geduldig mit ihr gewesen war und ihr so viel Zeit opferte. Sicher hatte er wichtigere Dinge zu tun, als naive Mädchen vom Land in die Geheimnisse der Devotion einzuführen?! Aber vielleicht war es ja gerade das? Sie kannte die Aufregung des Künstlers, wenn ein neues Projekt anstand und man konnte unbelastet beginnen. Völlig frei, das Objekt nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu formen.

Ob es ihm genauso ging? Ob ihn reizte, dass sie so unbelastet war und er derjenige war, dem sie ihr Vertrauen schenkte; der sie in seine Geheimnisse einweihte und dafür empfänglich machte? Unwillkürlich kam ihr eine Geisha, eine Lehrerin in Liebesdingen, in den Sinn und bei dem Gedanken, ihn mit einer Geisha zu vergleichen musste sie grinsen.


Sofort war er da: »Verrätst du mir, worüber du lachst?«

Verflixt, ihm entging aber auch nichts. Sie räusperte sich und schüttelte abwehrend den Kopf, was er merkwürdigerweise sofort akzeptierte.

Sachte streichelte sie seine Hand, ob er das wohl mochte? Oder war es ihm unangenehm? Nun ja, er wehrte sich nicht und SIE mochte es, stahl sich leise über den Handrücken zum Gelenk, erspürte die feinen, dunklen Härchen. Aber da entzog er ihr seine Hand. Erneut versank sie in Unsicherheit. War Zärtlichkeit nicht erlaubt? Wollte sie das wirklich? Hatte sie überhaupt eine Ahnung, worauf sie sich da einließ?

Leise kroch Panik in ihr hoch und sie rutschte unbehaglich auf dem Sitz herum, mit sich ringend, ob sie das Ganze nicht beenden sollte. Sie hatte die Wahl. Warum nahm sie die Augenbinde nicht einfach ab? Aber ihre vermaledeite Neugierde stand ihr im Weg. Nur noch ein kleiner Schritt, sie konnte jederzeit abbrechen, das hatte er ihr versprochen.

Als der Wagen schließlich anhielt, schreckte sie auf, sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht mehr darauf geachtet hatte, was um sie herum geschah.

Ohne ein Wort stieg er aus und schlug die Tür zu. Sie erwartete, dass er sie jetzt aussteigen ließ und machte sich bereit. Doch nichts passierte. Sie wartete und lauschte, doch kein Geräusch war zu hören. Sie verdrehte innerlich die Augen, wahrscheinlich stand sie in der Fußgängerzone und um sie herum eine Traube Menschen, die sie anstarrten, während er irgendwo in aller Ruhe einen Kaffee trank.

Sie konnte deutlich den Pulsschlag an ihrem Hals hören und spürte, wie ihre Hände immer feuchter wurden. Sie fühlte sich ganz furchtbar – abgestellt und verlassen, war er wirklich weg gegangen? Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen und bemühte sich nach Kräften, sie zu unterdrücken. Bestimmt legte er keinen Wert darauf ein heulendes Nervenbündel in seinem Auto vorzufinden.

Als sich auf einmal ihre Tür öffnete, schrak sie zusammen und war gleichzeitig furchtbar erleichtert, dass er zurück war. Seine Hand ergriff ihre und zog sie sanft aus dem Auto.

Sie trat einen Schritt zur Seite, die Tür schlug zu und wieder stand sie alleine. Ihr Körper war angespannt und jede ihrer Nervenzellen vibrierte, während sie wartete, was geschah. Sie hörte Autos und in einiger Entfernung auch Menschen und sie war sich sicher, dass er ganz nah war, auch wenn sie keine Bewegung spürte. Erwartete er etwas von ihr?


Bedächtig, fast ein wenig träge streiften warme Lippen ihren Mund und noch bevor sie reagieren konnte, war der Kuss schon wieder vorbei.

Das nächste was sie fühlte waren Fingerspitzen, die über ihre Wangen glitten, sachte und kaum fühlbar. Liebkosten ihre Haut, ihre Lippen und verfolgten eine unsichtbare Spur über den Hals zu ihren Brüsten. Sie hätte nicht gedacht, dass das möglich war, aber sie verspannte sich noch mehr. Aber gleichzeitig erkannte sie das warme Gefühl der Erregung, dass sich in ihrem Bauch ausbreitete und ihre Brustwarzen zogen sich erwartungsvoll zusammen.

Die Fingerkuppen glitten weiter, schoben ihre Bluse ein Stück zur Seite, streichelten sich über den Ansatz ihrer Brüste und sie konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken.


Erneut senkten sich seine Lippen auf ihre und er küsste sie sanft. Wie von selbst schlangen sich ihre Arme um seinen Hals und sie drängte an ihn heran, begierig darauf, die Glut zu lindern, die er in ihr entfacht hatte. Seine Arme umfassten sie und sein Kuss wurde etwas fordernder. Hingebungsvoll öffnete sie ihre Lippen und begrüßte freudig seine Zunge.

Sie spürte weit entfernt, wie er das Tuch löste, aber ihre Augen blieben geschlossen, in dem Kuss versunken.

Langsam löste er sich von ihr und trat einen Schritt zurück. Sie hatte die ganze Zeit auf diesen Moment gewartet, doch nun stand sie da, mit geschlossenen Augen und ihr fehlte der Mut sie zu öffnen.

Sie senkte den Kopf und ließ ihre Lider ein bisschen flattern. Zunächst war sie ein wenig geblendet von der Helligkeit. Doch dann fiel ihr Blick auf dunkle, elegante Herrenschuhe. Langsam glitten ihre Augen an ihm hoch, dunkle Hosen, helles Hemd, die oberen Knöpfe leger geöffnet, dunkle Brusthaare, keine Krawatte.

Noch ein kleines Stück und sie sah seinen Mund, die Nase. Sie holte tief Luft und hob endgültig den Blick, schaute in dunkle, warme Augen, die sie aufmerksam betrachteten. Sein Mund verzog sich kaum wahrnehmbar zu einem leisen Lächeln und ihr schoss sofort die Röte in die Wangen. Ihr wurde mit einem Schlag bewusst, was bisher zwischen ihnen geschehen war und die Verlegenheit stieg ins Uferlose. Ihr Atem ging schnell und ihre Augen glitten unruhig hin und her.

Da legte er die Hand unter ihr Kinn und zwang sie mit leisem Druck, ihn anzusehen.


»Es ist schön, dich zu sehen.«

Sie versuchte zu lächeln, hatte allerdings keine Ahnung, inwieweit ihr das gelang. Sie hätte gerne etwas gesagt, gerne ein wenig tougher gewirkt, aber das Erlebte erfüllte sie zu sehr. Die ganze Zeit hatte sie sich gewünscht, die Augenbinde abnehmen zu können und jetzt bedauerte sie fast, dass er es getan hatte.

Lächelnd öffnete er ihr erneut die Autotür und sie stieg mechanisch ein. Wieder nahm er neben ihr Platz und fuhr los. Dieses Mal hätte sie beobachten können, wohin er fuhr, doch sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Was war jetzt? Hatte er das Experiment beendet? Hatte ihm nicht gefallen, was er sah? Hatte sie sich dumm angestellt?

Zögernd betrachtete sie ihn von der Seite. Er wirkte völlig entspannt und sicher in dem was er tat, während sie sich allmählich in ein nervliches Wrack verwandelte. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sie erneut verschränkte. Es war wie abwechselnd heiß und kalt zu duschen und man wusste nicht, was einen weiter erwartete. Eben noch suhlte man sich in dem heißen, gerade noch erträglichen Wasser und im nächsten Moment traf einen ein Schwall schmerzend-kaltes Eiswasser.

Das Auto hielt und er stieg aus. Unschlüssig blieb sie sitzen, was wollte er? Was sollte sie tun? Doch als er herum kam und ihre Autotür öffnete, kam sie sich vor wie ein Idiot und stieg eilig aus. Sie war völlig durcheinander und schaute ihn nur fragend an.


»Ich hoffe, du magst mexikanisch? Oder hast du keinen Hunger?«

Hunger? Sie blinzelte ihn verwirrt an, um sich dann umzuschauen. Sie standen vor einem kleinen Restaurant, aus dem es so gut duftete, dass ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie doch eigentlich hungrig gewesen war. Ihr Magen reagierte auf diese Vernachlässigung mit einen lauten Grollen.

Er lachte und meinte: »Das hört sich ja ganz danach an!«. Dann öffnete er erneut eine Tür für sie und ließ sie eintreten. Doch nach drei Schritten hielt sie inne, unsicher was sie tun sollte. Herrje, wie führte sie sich hier eigentlich auf? Sie war eine erwachsene Frau, die durchaus in der Lage war ihr Leben zu meistern und doch stolperte sie hier völlig neben sich durch die Gegend. Er musste ja denken, sie hätte die Intelligenz einer Amöbe.

Sie straffte sich ein wenig und folgte ihm zu einem kleinen Tisch in der Ecke, fest entschlossen, diesen Abend mit Anstand hinter sich zu bringen.

Aufmerksam schob er ihr einen Stuhl zurecht und nahm gegenüber Platz. Sie war immer noch sehr verlegen und vergrub sich, nach einem nervösen Lächeln sofort hinter der gereichten Karte, um ihn in deren Schutz verstohlen zu beobachten. Es war unglaublich, wie ruhig und sicher er wirkte. Aber seit wann war auch die Katze nervös, wenn sie eine Maus jagte?

Sie schaffte es, halbwegs flüssig ihre Bestellung aufzugeben, um dann wieder nachdenklich auf ihre Hände zu starren. War sie nun enttäuscht? Hatte sie mehr von diesem Abend erwartet? Eigentlich hatte sie sich eher geängstigt, dass er sie überfordern würde und nun ertappte sie sich darin, dass sie nicht genug bekommen hatte.

Aber für ihn schien die Angelegenheit beendet und wie schon die vielen Male zuvor am Telefon schaffte er es, ihre Verlegenheit beiseite zu schieben und sie in eine angeregte Unterhaltung zu verwickeln. Das Essen schmeckte wunderbar und sie entspannte sich merklich. Obwohl das kleine nagende Gefühl in ihrem Bauch blieb, verstanden sie sich erstaunlich gut, brachten sich zum Lachen, fühlten sich wohl miteinander und so verging die Zeit wie im Flug.

Gerade hatte er sie geneckt und sie lehnte sich schmunzelnd zurück, um ihm die entsprechende Antwort zu servieren, als er ihr aus dunklen Augen einen intensiven Blick zuwarf und meinte: »Jetzt zeige ich dir noch mein Büro!«

Mit einem Schlag war sie wieder wachsam. Über sein Büro hatten sie gesprochen und er hatte ihr

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Kommentare


plato2000
dabei seit: Mai '10
Kommentare: 11
schrieb am 05.12.2012:
»sehr , sehr gut ! Seit langer Zeit wieder eine Geschichte bei der ich das Lesen in keinster Weise bereue.... Danke !«

Leichtgewicht
dabei seit: Mär '10
Kommentare: 279
Leichtgewicht
schrieb am 07.12.2012:
»extrem schwierig so etwas zu schreiben, weil es jenseits der genretypischen Stereotypen liegt.
Ich lese immer gern, was Du schreibst und wie Du es versuchst, mit Deinen Themen klarzukommen.
Immer ein hoher Anspruch.«

paulinchen2001
dabei seit: Jan '13
Kommentare: 3
schrieb am 24.01.2013:
»Wow... total irre, einfach fantastisch, genau auf den Punkt gebracht.... CHAPEAU!«

Pitoe
dabei seit: Feb '05
Kommentare: 211
schrieb am 21.02.2013:
»ich mag es, ausführlich zu schreiben. Aber hier fehlen mir die Worte. Daher nur sehr kurz. Ich bin von Dir auf eine spannende Reise mitgenommen worden.
Und ich liege nun ebenso da und genieße die Ruhe nach dieser Erregung und Anspannung. Ich bin sicher, dass die Reise in diese Welt weitergehen wird.
Großartige Geschichte.«

Auden_James
dabei seit: Aug '10
Kommentare: 87
Auden James
schrieb am 11.09.2013:
»Ebenfalls ein Jahr später, als ich wollte, lese und kommentiere ich diesen Text der Autorin. (Besser spät als nie, sage ich mir ein weiteres Mal.) Dieses Mal aber bin ich nicht zwiegespalten, nein, schlimmer noch: Ich weiß nicht recht mit dem T(v) etwas anzufangen! Woran das liegt? Großteils daran, dass ich im T(v) über weite Strecken das wiedererkenne, was ich großteils bei den zahlreichen anderen Veröffentlichungen der Autorin bereits bemängelte und kritisierte: indirekte Wahrnehmungen ("Sie spürte, wie...") zuhauf, zu viele Füllwörter (7,49 Prozent; und natürlich sind die Klassiker "immer" und "ein wenig" mit von der Partie) an den falschen Stellen, zu wenig sprachliche Finesse (stattdessen bemerkenswert ungelenke Formulierungen wie: "Merkwürdig, wie schnell sie sich daran gewöhnt hatte, mit verbundenen Augen neben ihm zu sitzen. GANZ IM GEGENTEIL, sie war begierig auf das, was nun kam." [Hervorh., A.J.]), etc. Da nimmt es nicht wunder, wenn sich formale Enttäuschung beim geneigten Leser breit macht, denk e ich.

Leider sieht es auch inhaltlich nicht viel anders aus. Grob gefasst schildert der T(v) den Verlauf eines Tages ab Ankunft im Hotel aus Sicht einer namens- wie gesichtslosen Frau, die sich mit einer männlichen Internetbekanntschaft trifft, um ihre vermeintliche devote Ader auszutesten. Das ist per se nicht schlecht. Daraus könnte sich durchaus eine lohnenswerte Lektüre ergeben. Allerdings setzte dies ein paar Dinge voraus, die der T(v) leider nicht bieten kann, z.B.: (1) Schilderungen, die sich nicht in redundanten Soll-ich-oder-soll-ich-nicht-Gedankenspielen der Frau und banalisierten Spannungspunkten (siehe Abendessen) erschöpfen, (2) Wahl der richtigen Erzählperspektive (der T(v) fordert geradezu die Ich-Perspektive), (3) stärkere Konflikte, die sich nicht bei Kerzenschein und -wachs in unbändigem Begehren auflösen, etc.

Lob: Das Bemühen der Autorin um mehr Welthaltigkeit ist evident!

Frage: Was hätte ein Faith wohl aus der Prämisse des T(v) gemacht?«

geebee2403
dabei seit: Aug '13
Kommentare: 9
schrieb am 12.09.2013:
»ich habe mit wachsender Spannung Deinen Beitrag gelesen; wahnsinnig erregend! Was schreibst Du sonst noch? Ich suche!«

schlaupaul
dabei seit: Aug '04
Kommentare: 1
schrieb am 27.11.2013:
»Hallo,
Du hast mich beruehrt und dabei einen relevanten Stein in mein Puzzle des Verstehens eingefuegt. Vielen Dank!
Die Distanz zum Geschehen hat sich bei mir schnell und unbemerkt aufgeloest - Kompliment!
Ich werde die Geschichte bestimmt noch einmal lesen.«

1216
dabei seit: Jul '04
Kommentare: 43
schrieb am 16.09.2018:
»Sehr gut geschrieben!«



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