Ella - Daniel schmeckt geil
von EviAngel
Der nächste Tag, Samstag, wir traten wieder bei zwei Spielen an und wir gewannen erneut beide ohne Satzverlust.
„Eure Quote sinkt“, berichtete Daniel. „Auf Sieg lautet sie jetzt eins zu siebenunddreißig, auf Platzierung unter den ersten drei nur noch eins zu elf, ihr macht euch!“
Um uns ausführlich sehen zu können, Daniel und ich meine ich, fehlte die Zeit. Wobei die Lust schon da war, denn einen Sieg in aller Ausführlichkeit mit ihm zu feiern wäre bestimmt geil. Dafür war aber später noch Zeit, nach dem Turnier werden sich gewiss noch etliche Treffen mit ihm ergeben.
Mama verlegte die Aktionärsversammlung auf Sonntag Vormittag, Treffpunkt mit ihr zehn Uhr, zum Frühstück im Restaurant. Da wir erst nach vierzehn Uhr unser nächstes Spiel haben würden, kam es zeitlich wunderbar hin. Was sie von mir wollte, weshalb ich daran teilnehmen sollte, war mir nicht wichtig, es war eine Pflichtveranstaltung, da musste ich durch, das kannte ich von früher.
„Also, Schatz“, wir saßen in dem Schicki-Micki-Restaurant, in das mich Daniel eingeladen hatte, das mit dem blasierten Kellner. Von denen schwirrte eine ganze Anzahl herum und gab dem Laden ein extrem vornehmes und einschüchterndes Ambiente. Mama lehnte es ab, sich an einem Buffet selbst zu bedienen, sie orderte ein kompliziertes Frühstück französischer Art mit Croissants und Café au lait und alles und war allein bei der Bestellung noch blasierter als der Kellner. Der war ein Langer, dürr wie ein Hering aber mindestens einsneunzig groß. Der schaute aus luftiger Höhe auf Mama hinunter, aber sie brachte es fertig, auf den Kellner herab zu blicken, obwohl sie saß und er stand, das kann nur sie.
Der befrackte Typ benahm sich total unterwürfig, als sie bei ihm bestellte. Mir liegt das Komplizierte nicht, ich nahm ein typisch amerikanisches Gericht: Toast, Rührei, krosser Speck, Pfannkuchen mit Ahornsirup. Während Mama mich unterrichtete, um was es überhaupt ging, schaute sie fasziniert zu, wie ich dieses opulente Frühstück zu mir nahm. Als Nachtisch löffelte ich einen Fruchtsalat, während sie mich mit verblüffenden Neuigkeiten fütterte.
„Dein Papa war damals als Scout unterwegs, für Peter und damals noch für dessen Vater. Er suchte nach neuen Arzneimitteln auf der ganzen Welt. Hier in Vegas traf er auf einen verschrobenen Chemiker, der laborierte in einer Baracke, die auch gleichzeitig seine Wohnung war. Der Mann war genial, aber chaotisch. Er hatte einen Wirkstoff entwickelt, der praktisch ohne Nebenwirkungen Schmerzen ausschaltete. Dein Papa wollte das Labor für die Firma kaufen und es in den Konzern integrieren, Peters Vater war dagegen, er wollte keinen Ableger auf einem anderen Kontinent haben. Dein Papa, mein liebster Conrad, sah das anders. Er gab dem alten Zausel Geld und erhielt dafür die Hälfte des Labors inklusive der Hälfte der Rechte an den Entwicklungen. Peters Vater gab eine kleine Geldspritze zur Finanzierung hinzu, wollte im Gegenzug jedoch die Vertriebsrechte für Europa haben, für alles, was in dem Labor entwickelt wurde.
Sie erweiterten das Labor, der alte Chemiker zog in eine Wohnung, Conrad und er entwickelten aus dem Schmerzmittel eine Arznei für Frauen mit Menstruationsproblemen, das heute noch in sehr vielen Hausapotheken zu finden ist, du weißt, welches Mittel ich meine.“
Logisch wusste ich das, seit meiner Kindheit waren mir die Namen der Mittelchen bekannt, die in Vegas entwickelt und auch produziert werden. Papa hat nämlich darauf gedrängt, hier in Vegas neben dem Labor eine eigene Produktionsstätte zu bauen, darauf hatte das Labor ständigen Zugriff, konnte die Produkte kontrollieren und eventuell verbessern.
Mir war das schon immer klar, nur dass das Labor und die Produktion zur Hälfte ihm und nicht Peters Vater gehörte, das war mir neu.
„Sie entwickelten zusätzlich zu den Schmerzmitteln etliche Rohstoffe, die für die Herstellung von Impfstoffen und anderen Arzneien notwendig waren“, fuhr Mama fort. „Sie entwickelten nicht nur, sondern Conrad meldete alle neuen Produkte zum Patent an. Das Labor wurde immer mehr erweitert, die Produktionsanlagen expandierten in atemraubender Geschwindigkeit, sie erzielten nicht nur damals, in der Zeit, sondern bis heute, wirklich enorme Gewinne.
Der alte Chemiker war einerseits glücklich darüber, andererseits fühlte er sich durch die stetig wachsende Firma mit all den Herausforderungen überfordert. Er erinnerte sich an sein Alter, verkaufte Conrad die Rechte und seinen Anteil am Labor, erwarb ein Wohnmobil und machte sich auf den Weg, um über Kanada nach Alaska zu reisen, er wollte unbedingt zum Klondike, Gold schürfen. Er starb nur zwei Tage später bei einem Verkehrsunfall in Oakland, Kalifornien. Nach ihm heißt das Werk immer noch Meyer’s, das ist bis heute so geblieben.
Dein Papa expandierte und expandierte, immer hielt auch die Größe des Labors stand mit den Erweiterungen der Produktion. So ist es noch heute, obwohl wir hier viel produzieren, ist das Hauptaugenmerk nach wie vor auf die Forschung gerichtet, in Anbindung an die Universität. Wir haben die komplette Chemie- und Biochemie-Struktur der Uni finanziert, sie erledigen etliche Forschungsaufträge für uns, es ist für sie und für uns eine win-win-Situation. Wenn du mich fragst, dann war dein Vater ein Genie, denn der hat es so eingerichtet.“
Sie blickte einen Moment in die Ferne, wie sie es öfter macht, wenn von Papa die Rede ist.
„Derzeit entwickeln wir die Basis eines Impfstoffes gegen Krebs. Ist schwierig, aber wir sind auf einem guten Weg.“
Sie legte eine weitere Pause ein und sinnierte einige Augenblicke über irgendetwas.
„Die Administration, Verwaltung und Vertrieb nahmen Conrad zu viel seiner kostbaren Zeit, die er lieber der Forschung widmen wollte. Aus dem Grund wandelte er das Werk, Labor und Produktion, in eine Aktiengesellschaft um. Daneben gründete er eine Holding, die nur noch die Aktienmehrheit verwaltete, die Leitung des Werks übernahm ein Manager als Präsident, der einen Vorstand aus Fachleuten führt, Verwaltungsfachleute, Chemiker und Techniker.
Die Holding benannte er nach uns, nach mir und nach sich, CoCon.“
Mama heißt Corinna mit Vornamen, daher CoCon. Die Geschichte war mir im Groben und in Einzelteilen bereits bekannt, logisch, so im Zusammenhang hörte ich sie zum ersten Mal.
„Peter hat mich nicht zuletzt deswegen geheiratet, weil er davon ausgeht, dass mir die CoCon und damit Meyer’s gehört. Er war auch damit einverstanden, dass die CoCon sein Aktienpaket übernimmt, weil er dachte, dass er mich ja sowieso hat und damit das Meyer’s Werk. Der CoCon gehören nun 78,3 Prozent von Meyer’s, in diesem Moment wird der Erwerb eines zusätzlichen Pakets von 8,1 Prozent abgewickelt. Der Rest der Aktien gehört Firmenangehörigen, das soll so bleiben, wir haben auf deren Anteile immer auch ein Vorkaufsrecht. Damit gehört das Meyer’s Werk zu 86,4 Prozent der CoCon.“
Weswegen sie jetzt in die Einzelheiten ging, war mir nicht klar. Ich löffelte weiter meinen Fruchtsalat und hörte zu, war eben eine Pflichtveranstaltung, da musste ich durch. Dachte ich, dann kam aber das dicke Ende:
„Dein Papa hat dich sehr geliebt, aber das weißt du ja. Ich weiß noch, wie fertig wir beide waren, als er in Südafrika in dieser verfluchten Anlage ums Leben kam. Du warst mehr als ein Jahr kaum ansprechbar, bis du in diesen Volleyball-Verein eingetreten bist. Das war ein Glück, damals.“
Sie versank wieder für ein paar Augenblicke in der Erinnerung. Dann schaute sie mich mit einem Blick an, den ich noch nicht kannte. Es sah so ein wenig hinterhältig aus, sie guckte so, wie eine Gegenspielerin guckt, die mir den Ball ins Gesicht schmettern wollte, so guckte sie.
„Also, Papa hat dich sehr geliebt und wollte immer, dass du es gut hast. Er hat die CoCon von Anfang an auf deinen Namen laufen lassen. Ich verwalte sie, bis du einundzwanzig bist, ab dann hast du das Sagen.“
Was? Wie? Wieso? Wer? Ich? Wie jetzt?
„Damit du dich in diese Aufgabe hineinarbeiten kannst, möchte ich dich von jetzt an in alle Entscheidungen mit einbinden. Mittlerweile bist du alt genug, du hast zwei Jahre Zeit, dich in der Materie zurecht zu finden, heute fängst du damit an. Heute ist der wichtige Startpunkt für die neue Zeit.“
Sie schaute mich mit dem Blick an, der für sie typisch ist. Er drückt Stolz aus, Selbstbewusstsein und vor allem Liebe. Mir war nicht klar, was das Gesagte für mich bedeutete, natürlich nicht.
Sie schwieg und schaute mir zu, wie ich diese Neuigkeiten verarbeitete.
„Du sagst jetzt nicht, ich ….“ Ich dachte, ich müsste jetzt etwas sagen, etwas Wichtiges. Es kam aber nur Gestotter dabei herum.
„Du meinst echt, ich …. Heißt das, ich ….“
Sie lächelte stolz, die Überraschung war ihr gelungen.
„Peter wird Augen machen, wenn er es erfährt. Er hat niemals gefragt und von mir aus bringe ich das nicht auf den Tisch. Es ist dein Erbe, das lassen wir uns nicht nehmen und auch nicht von irgendjemandem einverleiben.“
Nee, das war klar, was unser war, das würde unser bleiben, logisch. Vor allem, da es von Papa angelegt worden war.
„Wir haben immer jeden Cent, den wir hier verdient haben, ins Werk hinein gesteckt, jeder Dollar fließt in die Forschung und die Erweiterung der Anlagen. Mittlerweile liegen wir bei den Investitionen in das Werk von mehr als zehn Milliarden Dollar, wir beschäftigen beinahe vierzigtausend Arbeitskräfte und erzielen einen Gewinn nach Steuern von jährlich deutlich über fünfhundert Millionen Dollar. Der Schätzwert des Werkes liegt ein Vielfaches über dem, was wir investiert haben, Plus die Patente. Wenn nichts dazwischen kommt, Schätzchen, hast du für dein Leben und das deiner Nachkommen ausgesorgt. Das alles hast du der Weitsicht deines Vaters zu verdanken, Schatz.“
Mir war das alles zu viel, ehrlich gesagt. Mit all den Zahlen und den Neuigkeiten war ich überfordert. Wie in Trance trottete ich hinter ihr her, als es zu der Versammlung ging. Die bestand aus Mama, dem Vertreter der Inhaber der Mitarbeiteraktien und mir, mehr war nicht. Eine Protokollantin kam noch hinzu, die las die Punkte der Tagesordnung vor, den Bericht der letzten zwölf Monate und wartete, was weiter passierte. Mama arbeitete die drei Punkte der Tagesordnung durch, sie wurde mit der eigenen Stimmenmehrheit und den Stimmen der Mitarbeiteraktien erst entlastet und dann erneut zur Vorsitzenden gewählt. Es wurde der Gewinn erwähnt und die geplanten Investitionen, die damit getätigt werden sollten. Alles das war in einer halben Stunde erledigt. Mir war schwindelig, kann man sich ja vorstellen. Über Geld brauchte ich mir noch nie Gedanken zu machen, jetzt ja wohl erst recht nicht mehr.
Mama brachte mich in die Sportanlage, dort trafen wir auf Isa. Der unterbreitete Mama einen Sponsorenvertrag, auf meine Bitte hin. Voraussetzung für den Vertrag war, dass Isa dem Werk für Werbeveranstaltungen, für Werbespots und Fotos exklusiv zur Verfügung stand. Eigentlich wir beide, als erfolgreiches Volleyballteam, aber unsere Absicht war, Isa von der Pornofilmerei weg zu bekommen. Die Gedanken an das, was sie da immer wieder über sich ergehen lassen musste, ließen mich schaudern.
Sie bekam für den Werbevertrag für die nächsten fünf Jahre dreitausend Dollar im Monat, das, worauf ich besonderen Wert legte war das Exklusivrecht. Isa überlegte nicht lange und sagte zu, ich natürlich auch, ich sollte die gleiche Menge Geld bekommen, der Vertrag galt für uns beide. War natürlich Quatsch, ich war und bin bestens versorgt. Aber für Isa war das ein Ausweg aus dem Sumpf, in dem ich sie wähnte. Dass sie an dieser Art der Arbeit ihren Spaß haben könnte, zog ich nicht in Erwägung, weil ich es mir nicht vorstellen konnte.
Nach dem Meeting mit Isa versuchte ich, all das auszublenden, denn es standen zwei schwere Spiele an. Den ersten Satz im ersten Spiel verloren wir, echt wahr. Es war der erste Satz in diesem Turnier, den wir abgaben. Isa und ich schauten uns in der Pause an. Es war dieser bekack …, äh, dieser vermaledeite Sponsorvertrag, der uns in der Konzentration störte, ich sah es in ihren Augen, dass sie das gleiche dachte wie ich.
„Wir geben ab jetzt keinen Satz mehr ab!“, befahl Isa. Wir stießen die Fäuste gegeneinander und schlossen den Pakt zu Las Vegas.
„Keinen Punkt herschenken, keinen Satz abgeben!“
Ingeborg saß daneben, hörte zu und lächelte zufrieden.
„Sehr gut, Mädchen“, gab sie ihren Senf dazu. „Jetzt zum Spiel. Die haben Schwierigkeiten damit, rückwärts zu gehen, die orientieren sich beide stets zum Netz hin. Lockt sie ans Netz, dann spielt longline bis an die Grundlinie, immer so breit wie möglich, immer der Ausline entlang. Wenn ihr sie dort hinten halten könnt, hat Isa mehr Chancen zu schmettern. Bella, kriegst du die Banane im Spiel hin?“
Damit brachte sie mich auf eine Idee, bisher war die Banane ausschließlich Teil des Aufschlags. Wieso sollte sie im Spiel n
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